Statt Weihnachtsgeld werden Aktien verteilt

■ Für die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen gibt es die verschiedensten Möglichkeiten. Das Interesse ist groß, der Gewinn häufig auch

Der deutsche Vorzeige-Softwarehersteller SAP setzte von Anfang an auf die Beteiligung der Mitarbeiter am Aktienkapital – angesichts des rasanten Kursgewinns der Aktie bedeutete dies ein sattes Plus für die Angestellten. Wenn sie bereits beim Börsengang von SAP 1988 eine Aktie vergünstigt kauften und ihre Dividende wieder in Aktien steckten, hatten sie 1997 ihren Einsatz auf das 23fache gesteigert. Das entspricht einem Sparbuch mit 45 Prozent Zinsen.

Das Unternehmen gilt als Paradebeispiel für eine Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter. Für den weltweiten Marktführer in betriebswirtschaftlicher Firmensoftware liegt die Beteiligung aber auch im Produkt begründet. „Software entsteht in den Köpfen“, sagt SAP-Sprecher Markus Berner. „Daher sind die Mitarbeiter das Erfolgskapital des Unternehmens.“ Um die zwei Prozent der Aktien sind in den Händen von SAP-Angestellten. Bis zu zehn Prozent des Bruttolohns können sie freiwillig in um fünfzehn Prozent ermäßigten Aktien anlegen, etwa ein Drittel tut das. Zum Jahresende bietet SAP noch einmal einen Zuschuß von 500 Mark für Akteinkäufe an – 1996 konnten die Programmierer so für 160 Mark Aktien im Wert von 660 Mark kaufen. Das haben praktisch alle gemacht.

Ob die Beteiligung die Motivation steigert? „Allein reicht das nicht aus“, sagt Berner. „Wenn die Unternehmenskultur nicht stimmt, motiviert auch der Aktienbesitz nicht besonders.“ Die Chemie im Haus aber stimmt: Das Management ist stolz auf die Erfolge der Mitarbeiter und drückt das auch in besonderen Sozialleistungen aus. Ergo ist die Belegschaft auch stolz auf SAP.

Nicht ganz begriffen haben dieses Prinzip offenbar die Lübecker Drägerwerke. Das Medizintechnik-Unternehmen führte 1994 unter großem Getöse eine Ausschüttung von zwölf Prozent des Gewinns an die Belegschaft in Form von stimmrechtslosen Aktien, sogenannten Genußscheinen, ein. Voraussetzung ist allerdings, daß der Gewinn mindestens 1,5 Prozent des Umsatzes erreicht. Dieses Jahr hat Dräger das zum erstenmal geschafft. Der Betriebsrat ist freilich skeptisch: Es geht gerade mal um ein bis vier Papiere – im Wert von knapp acht Prozent des Bruttolohns. Zur Durchführung dieses Modells wurde allerdings das Weihnachtsgeld gekappt, um bis zu 55 Prozent des Bruttolohns – und dies gilt auch in schlechten Jahren. Die Motivation wird auch nicht gerade dadurch erhöht, daß Krankheitstage von der Erfolgsprämie abgezogen werden. „Nicht, daß wir was gegen das Prinzip der Erfolgsbeteiligung hätten, aber so wollten wir das bestimmt nicht!“ schimpft Gesamtbetriebsrat Werner Gustäbel.

Derweil hat die Thüringer Landesregierung erkannt, daß gerade mittelständische Unternehmen auch vom Kapital der Belegschaft profitieren können. In ihrem Auftrag arrangiert die Bürgschaftsbank Thüringen (BBT) Beteiligungsmodelle in Form stiller Teilhaberschaft und bürgt für vier Fünftel der Einlagen der Angestellten, falls die Firmen Bankrott machen sollten. Die angebotenen Beteiligungen sind völlig flexibel: Die Arbeiter können einen Teil des Lohnes investieren, einen Kredit bei der BBT aufnehmen und an die Firma weiterverleihen oder schlicht ihr Sparbuch räumen. Die Firma zahlt zwischen fünf und acht Prozent Zinsen plus maximal weiterer fünf Prozent, abhängig vom Gewinn. Elf von vierzig festen Mitarbeitern der Baufirma Stauch haben einen Beitrag von über 100.000 Mark investiert. Unternehmerin Synett Stauch ist überzeugt von dem Modell: „Wir haben gute Mitarbeiter langfristig an die Firma gebunden und besser motiviert; und finanziell hat uns das auch geholfen.“ Sie findet es besser, die Angestellten Erspartes als Geldanlage in den Betrieb investieren zu lassen, als einen Teil ihres Gehalts abzuzweigen: „Das ist viel kameradschaftlicher, als den Lohn quasi einzufrieren.“ Matthias Urbach