Schwarzhandel mit Ozonkillern blüht

Noch immer werden jährlich über 10.000 Tonnen FCKWs und Halone verschoben. Der Schmuggel läßt sich kaum unterbinden, weil die EU-Gesetze zu viele Schlupflöcher lassen  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Der Schmuggel der Ozonkiller FCKWs und Halone ist ein dickes Geschäft. Bis zu 10.000 Tonnen der Mittel, die immer noch in Klimaanlagen und Feuerlöschern verwandt werden, gelangen jedes Jahr illegal nach Europa, berichtete die Londoner Umweltorganisation EIA vorgestern. Der Europäische Rat der Chemischen Industrie (Cefic) schätzt die Menge gar doppelt so hoch. Kommende Woche tagen Diplomaten aus aller Welt zum zehnjährigen Jubiläum des Montrealer Protokolls erneut in der kanadischen Stadt. Sie werden sich auch dem blühenden Schwarzhandel widmen müssen.

Das Montrealer Protokoll verbietet den Industriestaaten seit 1996, Halone und FCKWs zu produzieren. Der Handel recycelter Ware ist jedoch weiter erlaubt, und Entwicklungsländer dürfen noch bis 2010 neu produzieren. Neue Ware darf sogar nach Europa eingeführt werden, wenn sie hier abgefüllt und wieder zurückexportiert wird. Ein klassisches Schlupfloch: „Ist das FCKW erst mal in Europa“, sagt David Brown vom EIA zur taz, „gelangt es nicht wieder heraus.“ Andere Schmuggelware wird falsch deklariert, etwa als umweltfreundlicher Ersatzstoff oder einfach als recyceltes FCKW.

Erst im Juli wurde in Frankfurt der Manager der Firma Taifun verhaftet, nachdem in Rotterdam falsch deklariertes Schmuggelgut entdeckt worden war. Auf dem Betriebshof der Firma in Offenbach entdeckten die Fahnder haufenweise FCKW-Fässer. Allein Taifun soll laut Staatsanwaltschaft 300 Tonnen FCKWs und 200 Tonnen Halone importiert und europaweit angeboten haben.

Während die EIA die deutschen FCKW-Richtlinien als „klar“ und die Strafen als „strikt“ lobt, mache vor allem Spanien den Schmugglern das Leben leicht, weil es keine Verordnungen zur Überwachung des Montrealer Protokolls habe. Ist die Ware erst mal im EU-Binnenmarkt, ist sie kaum noch abzufangen. Brown fordert daher ein totales Verkaufsverbot. Die EU- Kommission hat das schon vorgeschlagen, doch ob die Mitgliedsländer zustimmen, ist unsicher.

Die Nachfrage auch in Deutschland ist offenbar immer noch groß: Allein 180.000 Tonnen FCKWs plätschern durch hiesige Klimaanlagen. Anders als in den USA, wo vor allem Privatkunden geschmuggeltes FCKW für ihre Autoklimaanlagen besorgen, sind es in Europa Industriebetriebe, die den Ozonkiller kaufen für Kühlhäuser und Großgefrieranlagen. Denn jede Anlage leckt ein bißchen, und eine Umrüstung auf andere Kühlmittel ist teuer.

Die Weltbank greift lieber die Produzenten an: Ein gutes Viertel des FCKWs kommt aus China, fast die Hälfte aus Rußland. Die Weltbank möchte daher 27 Millionen Dollar an Rußland zahlen, damit es, die FCKW-Anlagen in den Kühlmittelfabriken vernichten kann, Arbeiter abfinden und die Produktionen umstellen. Bis 2000 will sie so alle sieben Fabriken schließen oder umwandeln. Doch seit vergangenem Herbst gelang es der Weltbank nicht, mehr als vier Länder – USA, Großbritannien, Dänemark und Norwegen – für diesen Plan zu gewinnen. Noch fehlt die Hälfte des nötigen Geldes. Das Ozonloch derweil wächst: Dieses Frühjahr fehlten über der Nordhalbkugel 40 Prozent des schützenden Ozons auf einer Fläche halb so groß wie Kanada – neuer Rekord.