Uganda organisiert die zweite Befreiung Afrikas

■ Mit der Unterstützung der Rebellen in Ruanda und Zaire knüpft Yoweri Museveni, Präsident Ugandas, an die Tradition der panafrikanischen Bewegung an

Gibt es einen afrikanischen Führer, der bei den Umstürzen in Afrika eine herausragende Rolle spielte, so ist es Yoweri Museveni, der Präsident von Uganda. Er unterstützte den Kampf der seit 1994 in Ruanda herrschenden „Ruandischen Patriotischen Front“ (RPF), und er war auch eine enger Verbündeter von Laurent-Désiré Kabila, der mit seiner „Allianz Demokratischer Kräfte für die Befreiung des Kongo“ (AFDL) in diesem Jahr Zaires Diktator Mobutu stürzte. Museveni und Kabila sind seit langem befreundet. Mit Kabilas Sieg, so sagte im Juli Museveni, wurde „das große Vakuum im Herzen Afrikas gefüllt“.

Aber der ugandische Präsident schielt nicht nur nach Westen Richtung Kongo, sondern forciert auch die Integration Ostafrikas. Seit Juli existiert ein gemeinsamer Paß für Uganda, Kenia und Tansania. Schon seit April gibt es eine gemeinsame Fahne der drei Länder. „Sie wird bei amtlichen Zeremonien benutzt“, erklärt Rebecca Kadaga, im Außenministerium für die Region zuständig. „Es ist ein Symbol unserer Einheit.“

Damit schließt Museveni an die afrikanische Befreiungsbewegung der 60er Jahre an. Ihre Helden, die ersten Präsidenten Ghanas und Kongos, Kwame Nkrumah und Patrice Lumumba, träumten von der Einheit ganz Afrikas. Doch die in der Kolonialzeit entstandene Bewegung schlief nach 1974, als Tansanias damaliger Präsident Julius Nyerere den letzten „Panafrikanischen Kongreß“ leitete, ein.

Ihre Nachfolge soll nun die „Panafrikanische Bewegung“ antreten, die 1994 in Ugandas Hauptstadt Kampala auf Initiative Musevenis gegründet wurde. Die Zeit für die Vereinigung Afrikas sei erneut gekommen, meint Déo Lukyamuzi, Jugendbeauftragter der Bewegung. „Wir denken, daß die Früchte des Wandels jetzt in Afrika reif sind“, sagt er. „Als Nkrumah sagte, Afrika müsse eins werden, hatten wir noch Papiertiger als Führer. Sie hatten keine Erfahrung und keine auf das Volk gegründete Macht, sondern sie wurden von anderen Mächten eingesetzt. Heute erleben wir die zweite Befreiung Afrikas. Unsere Führer müssen sich bewußt sein, daß sie Verantwortung vor ihren Völkern tragen.“ Uganda, Eritrea, Kongo- Zaire – das alles seien Befreiungskriege gewesen, die durch die Unterstützung der Bevölkerung gewonnen wurden.

Die Hoffnung auf eine zweite Befreiung führt jedoch dazu, daß eine Reihe von Problemen des Landes ignoriert werden. In Uganda existieren Guerillagruppen, die vom Ausland unterstützt werden – von Sudan etwa oder von der in die Zentralafrikanische Republik geflüchteten Präsidialgarde Mobutus. Viele Gegner Musevenis beklagen zudem die wachsenden finanziellen Probleme des Staates. „Die Korruption ist legal geworden“, meint Mary Lubega Matagamba von der oppositionellen Demokratischen Partei. „Jeden Tag kann man in der Zeitung lesen, daß in irgendeiner Regierungsabteilung Millionen versickert sind, und dagegen wird offensichtlich nichts gemacht.“ Trotz starken Wirtschaftswachstums wächst die Armut der Bevölkerung.

Die Wirtschaftsintegration mit den Nachbarn könnte hier Abhilfe schaffen. Schon gibt es Buschtaxis und Busse in den Kongo, der einen neuen Markt für Ugandas Konsumgüter darstellt. Neu eingerichtete Direktflüge verbinden die beiden Länder, zahlreiche Investitionsprojekte sind geplant. Salim Saleh, Bruder Musevenis und Betreiber einer Goldmine, hat ein persönliches Interesse an der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Kongo im Bergbaubereich.

Weiterhin gute Aussichten für Museveni also, vor allem, da auch in weiteren Ländern oppositionelle Gruppierungen ihre Aktivitäten steigern. Gleich nebenan in Kenia, wo Regimegegner Reformen einfordern, aber auch im weiter entfernt liegenden Kamerun. Dort suchen die Oppositionellen, die von Frankreichs Unterstützung für Präsident Paul Biya enttäuscht sind, Kontakt zu Museveni.

Diese Entwicklung birgt nach Ansicht von Mary Lubega Matagamba aber auch Risiken für Uganda. „Unser Land ist ein Sprungbrett für Revolutionen in Afrika“, meint die Oppositionspolitikerin Lubega. „Aber wir sollten die Todesopfer nicht vergessen, die für die Befreiung erbracht werden.“ Pierre-Olivier Richard, Kampala