Umsatzrekord in der Marktlücke

■ Die Erfolgsgeschichte der „Spinnrad“-Drogerie-Kette

Der BUND spricht von einer „Traumkarriere“, und daß die Umweltschützer unter diesem Begriff nicht nur an geglückte Selbstverwirklichung oder schnöden Mammon denken, versteht sich von selbst. Mit ihrer „Spinnrad GmbH“ haben die Firmengründer Brigitte und Peter Krämer auch ein Beispiel für ökologisch orientierte Geschäftspolitik abgeliefert. 1970 eröffneten sie ihr erstes Geschäft in Gelsenkirchen. Dort ist auch heute noch die Geschäftsführung des Unternehmens, doch inzwischen gibt es bundesweit 150 von selbständigen Geschäftspartnern nach dem Franchise-System betriebene Filialen.

Seinen Grundstein zum Erfolg legte das Unternehmen in den 80er Jahren, als es den damals aufkommenden Trend zum „Eigenbau“ von Waschmitteln und Kosmetika aufgriff. Nicht nur Allergiker, sondern auch viele andere, von der wachsenden Skepsis gegen industrielle Rezepturen geplagte Kunden, griffen zu: Aus den bei Spinnrad angebotenen Grundsubstanzen mischen sie ihre Mittel selbst. Das bringt natürlich Mehraufwand mit sich, ebenso wie der möglichst sparsame Umgang mit Verpackungsmaterial: die Rücknahme von Leerverpackungen ist bei Spinnrad selbstverständlich, viele Shampoos, Duschgels oder Waschmittel kann der Kunde im Geschäft in mitgebrachte Behälter füllen lassen. Das Konzept kommt keineswegs nur bei eingefleischten Umweltschützern an. Die Filialen erzielen nach Einschätzung der Gelsenkirchener Zentrale nur rund die Hälfte ihres Umsatzes mit Kunden, die gezielt wegen des speziellen Angebots kommen. Besonders die Geschäfte in guten Einkaufslagen verkaufen viel an eine bunt gemischte Laufkundschaft.

Allein auf seine Eigenmarken an Kosmetika, Düften, Körperpflege-, Wasch- und Reinigungsmitteln verläßt sich das Unternehmen freilich genausowenig wie die Konkurrenz der konventionellen Drogeriemärkte mit ihrem wachsenden Angebot an branchenfremden Produkten. Bei Spinnrad runden Geschenkartikel und „Nahrungsergänzung“ die Palette ab, wobei auch hier die Herkunft der Ware gründlich überprüft wird. Tee und Kaffee zum Beispiel werden nur mit dem „Transfair“- Siegel verkauft.

Da es vergleichbare Zertifikate und Vertriebswege für Kokosöl – ein wichtiger Rohstoff für die Drogerieartikel – nicht gibt, ging man einen anderen Weg und schloß einen Kooperationsvertrag mit dem Diakonischen Werk Westfalen, um eine Kokos-Kleinbauernorganisation auf den Philippinen zu unterstützen.

Dem wirtschaftlichen Erfolg ist derartiges Engagement keineswegs abträglich. Zweistellige Umsatzsteigerungen sind für Spinnrad nichts Ungewöhnliches, 1995 verkauften über 1.000 Angestellte Waren für 85 Millionen Mark. Und die Marktlücke scheint noch keineswegs ausgeschöpft: Die in den letzten Jahren forcierte Einführung ökologisch orientierter Marken durch die großen Drogerieketten jedenfalls hat dem Unternehmen laut eigener Einschätzung „keine besonderen Probleme“ bereitet. Jochen Siemer