„Industriepolitische Verantwortung“?

■ Nutzlose Rüstungskonversion am Beispiel DST: Bremen förderte falsch und half nicht, als die DST vor dem Konkurs stand

Das Ende der Blockkonfrontation seit 1989 hatte für die Bremen fatale und bedrohliche Folgen: Die Bremer Region war ein Zentrum der Rüstungsindustrie gewesen, mehr als zehntausend Arbeitsplätze waren in Gefahr. In dieser Situation hat ein Gedanke, der vorher eher pazifistische Kreise bewegte, Einzug in die offizielle Politik gehalten: „Konversion“, also Umstellung auf zivile Produkte, sollte gefördert werden. Bremens Anteil an High-Tech-Unternehmen war im bundesdeutschen Durchschnitt keineswegs so schlecht, nur waren in Bremen diese Betriebe weitgehend durch Rüstungsaufträge gewachsen. Wenn es gelingen würde, bei der Umorientierung dieses Potentials auf zivile Produkte zu helfen, dann könnte darin eine Zukunftschance liegen, fand auch der damalige Bürgermeister Wedemeier – und engagierte sich dafür, daß die Betriebe nicht an Konzerne, die ihren Sitz anderswo haben, verkauft werden.

So entstand in den 90er Jahren die „Systemtechnik Nord“(STN), die inzwischen von dem Rüstungskonzern Rheinmetall u.a. übernommen wurde; nachdem Konzernchef Brauner Ende 1996 erklärt hatte, Konversion sei „weitestgehend fehlgeschlagen“und er wolle nur „das wehrtechnische Unternehmen STN weiterbetreiben“, erwartet man im Betrieb, daß alle „zivilen“Entwicklungen eingestellt werden, die nicht kurzfristig am Markt verkauft werden können.

Durch Konkurs ganz verschwunden ist der Bremer Militärelektronik-Bereich der Firma Philips, der 1990 als Bremer Unternehmen „Deutsche Systemtechnik“(DST) gerettet worden war. DST hat immerhin 30 Prozent der Bremer Rüstungskonversions-Mittel in den letzten Jahren bekommen und wurde oft als Vorzeige-Betrieb in dieser Hinsicht dargestellt – Anlaß genug für die Stiftung Rüstungskonversion, durch ein Gutachten den „Erfolg“dieser Konversions-Förderung einmal überprüfen zu lassen. (*)

Die Studie des Diplom-Ökonomen Dr. Frank Rosenthal ist der erste Versuch, die „Konversion“nicht nur moralisierend-ideologisch, sondern auch mit ökonomischem Sachverstand zu durchleuchten. Und die Ergebnisse sind niederschmetternd. Insgesamt stellt Rosenthal nach einer Analyse der einzelnen DST-Konversionsprojekte fest, daß die Förderbeiträge einen so geringen Anteil der Investitionen des Unternehmens ausmachen, daß man nicht davon ausgehen kann, daß die „Konversionsprogramme“für größere Betriebe Einfluß auf die Firmenstrategie haben können. Auch daß DST konkurs gemacht hat sagt insofern nichts über die Konversionsprogramme aus.

Für Rosenthal ist DST zudem ein gutes Beispiel dafür, daß für Außenstehende kaum durchschaubar ist, welche technischen Entwicklungen wirklich „zivilen“Nutzungen dienen, für Förderanträge läßt sich der zivile Anteil leicht größer darstellen als er in Wirklichkeit ist, um Zuschüsse „mitzunehmen“.

Das Problem der Rüstungsbetriebe ist dabei weniger technische Entwicklung ziviler Produkte als vielmehr die „fehlende zivile Marktkenntnis“und die ganz auf Rüstungsindustrie abgestellten betriebsinternen Organisationsformen, schreibt Rosenthal – und da hat bisher die Konversionshilfe kaum angesetzt.

Wobei für den Gutachter die Firma DST durchaus Chancen hatte mit den Projekten, die sie entwickelte. Fehler des Managements waren für den Konkurs verantwortlich, die zum Vertrauensverlust der Banken führten, vielleicht auch das Interesse der Banken an einer Marktbereinigung. Und die bremische Industriepolitik? Jahrelang wurde DST gehätschelt, und in der Liquiditätskrise stellt der Gutachter die „geringe industriepolitische Verantwortung des Landes Bremen“fest. Noch am 24.10.96 versicherte der Bürgermeister Scherf schriftlich in großen Worten, das Land werde „die rechtlichen Möglichkeiten zur Unterstützung ... im Interesse des Elektronikstandortes Bremen voll ausschöpfen“. Immerhin hatte das Land die DST in wenigen Jahren mit mehr als 15 Millionen Mark gefördert. Passiert ist dann aber nichts. Allein das Konzept der IG Metall, 200 entlassene DST-Mitarbeiter in die für den Vulkan entwickelte Mypegasus-Lösung aufzunehmen, hätte der DST entscheidend helfen können – der Arbeitssenator lehnte ab mit der Begründung, die Übernahme von 200 DST-Leuten ginge zu Lasten der Arbeit mit den ehemaligen Vulkan-Beschäftigten. Es ging um 1,8 Millionen Mark im Jahr. „Angesichts dieser geringen Summe hätte das Land Bremen regional- und industriepolitische Verantwortung, auch im Sinne der bisherigen Förderung aus dem Bremischen Konversionsprogramm, übernehmen müssen.“

DST ging in Konkurs, STN ist an den Waffenproduzenten Rheinmetall verkauft, die DASA hängt am Tropf der militärisch und ideologisch begründeten bemannten Weltraum-Programme – von der Idee des zivilen Elektronik-Standort Bremen, bei der es um die Großbetriebe ging, ist nichts geblieben.

K.W:

*) Die Studie von Rosenthal ist bei der Stiftung Rüstungskonversion (Goetheplatz 4, 28203 Bremen) zu erhalten. Einen fleißigen Überblick über die Geschichte der Bremer Konversions-Diskussion gibt der Band „Rüstungskonversion in der Region“, Butterwegge u.a. (agenda-Verlag, Münster)

ben können. Auch daß DST Konkurs gemacht hat, sagt nichts über die Konversionsprogramme aus.

Für Rosenthal ist DST zudem ein gutes Beispiel dafür, daß für Außenstehende kaum durchschaubar ist, welche technischen Entwicklungen wirklich „zivilen“Nutzungen dienen, für Förderanträge läßt sich der zivile Anteil leicht größer darstellen, als er in Wirklichkeit ist, um Zuschüsse „mitzunehmen“.

Das Problem der Rüstungsbetriebe ist dabei weniger die technische Entwicklung ziviler Produkte als vielmehr die „fehlende zivile Marktkenntnis“und die ganz auf Rüstungsindustrie abgestellten betriebsinternen Organisationsformen, schreibt Rosenthal – und da hat bisher die Konversionshilfe kaum angesetzt.

Wobei für den Gutachter die Firma DST durchaus Chancen hatte mit den Projekten, die sie entwickelte. Fehler des Managements waren für den Konkurs verantwortlich, die zum Vertrauensverlust der Banken führten, vielleicht auch das Interesse der Banken an einer Marktbereinigung. Und die bremische Industriepolitik? Jahrelang wurde DST gehätschelt, und in der Liquiditätskrise stellt der Gutachter die „geringe industriepolitische Verantwortung des Landes Bremen“fest. Noch am 24.10.96 versicherte der Bürgermeister Scherf schriftlich in großen Worten, das Land werde „die rechtlichen Möglichkeiten zur Unterstützung ... im Interesse des Elektronikstandortes Bremen voll ausschöpfen“. Immerhin hatte das Land die DST in wenigen Jahren mit mehr als 15 Millionen Mark gefördert. Passiert ist dann aber nichts. Allein das Konzept der IG Metall, 200 entlassene DST-Mitarbeiter in die für den Vulkan entwickelte Mypegasus-Lösung aufzunehmen, hätte der DST entscheidend helfen können – der Arbeitssenator lehnte ab mit der Begründung, die Übernahme von 200 DST-Leuten ginge zu Lasten der Arbeit mit den ehemaligen Vulkan-Beschäftigten. Es ging um 1,8 Millionen Mark im Jahr. „Angesichts dieser geringen Summe hätte das Land Bremen regional- und industriepolitische Verantwortung, auch im Sinne der bisherigen Förderung aus dem Bremischen Konversionsprogramm, übernehmen müssen.“

DST ist konkurs, STN ist an den Waffenproduzenten Rheinmetall verkauft, die DASA hängt am Tropf der militärisch-ideologisch begründeten bemannten Weltraum-Programme – von der Idee des zivilen Elektronik-Standorts Bremen ist nichts geblieben. K.W.

*) Einen fleißigen Überblick über die Bremer Konversions-Diskussion in den letzten Jahren gibt „Rüstungskonversion in der Region“, Butterwegge, Peter u.a. (agenda-Verlag, Münster, 1997)