Ökologische Vorreiterin aus dem Schwabenland

■ Die Raiffeisenbank Dellmensingen ist die erste Kleinbank mit einer Ökobilanz

Berlin (taz) – Angefangen hat es 1891 mit einer Genossenschaft vornehmlich für Landwirte. Bis in die 60er Jahre hinein konnten sie bei ihrer Genossenschaft nicht nur Darlehen aufnehmen, sondern auch Saatgut und Düngemittel einkaufen und ihre Ernte vermarkten. Das ist heute vorbei: Die Raiffeisenbank Dellmensingen eG, zwischen Ulm und Biberach gelegen, hat sich zu einem reinen Geldinstitut gewandelt. Mit dem Slogan „Klein, aber fein“ wirbt sie sogar im Internet. Von den 1.320 Genossenschaftsmitgliedern, die in den letzten zehn Jahren nie eine Dividende unter acht Prozent bekamen, ernähren sich nur noch 30 hauptberuflich von der Land- und Forstwirtschaft.

Eine stinknormale Bank also? Nicht ganz. Als bundesweit erste im ländlichen Raum hat sie Anfang August einen Umweltbericht mit Ökobilanz vorgelegt. „Eine Genossenschaft“, sagt Bankvorstand Eugen Schlachter, „ist geradezu verpflichtet, sich dieser Probleme anzunehmen.“ Die Förderung der Mitglieder sei „das Maß aller Dinge bei der Genossenschaft“. Und die Bank müsse die von ihr ausgehenden Umweltbelastungen soweit wie möglich reduzieren.

Schlachter war 1992 Mitbegründer des ökologisch ausgerichteten Wirtschaftsverbands UnternehmensGrün. In seiner Heimatgemeinde Maselheim bei Biberach sitzt er für Bündnis 90/Die Grünen im Gemeinderat. Mit seinem kräftigen Vollbart wirkt Eugen Schlachter nicht wie ein glatter Banker.

Seit Schlachter 1990 den Vorstandsposten bei der Raiffeisenbank Dellmensingen übernommen hat, wird für Kopien, Briefe und den Geschäftsbericht Recyclingpapier eingesetzt. Um Papier zu sparen, wurde der Geschäftsbericht abgespeckt. Beim Umbau der Geschäftsstelle im Jahr 1995 achtete Schlachter auf den Einsatz umweltverträglicher Materialien und den Kauf langlebiger Büromöbel. Die Personalcomputer haben nachrüstbare Gehäuse, die bei der nächsten Chip-Generation nicht gleich wieder ausgemustert werden müssen. Seit Anfang 1997 senkt ein neuer Heizungsregler den Verbrauch von Heizöl. Die Bank bietet Informationen rund um ökologisches Bauen an und vergibt zinsgünstige Kredite für Solaranlagen.

Schon 1994 unternahm Schlachter den ersten Anlauf zur Aufstellung einer Ökobilanz, die den Papier-, Wasser- und Energieverbrauch im eigenen Haus aufschlüsselt. Doch die Angebote von Beratungsunternehmen waren ihm zu teuer. Der grüne Banker schob deshalb einen ökologischen Arbeitskreis bei der Akademie Deutscher Genossenschaften an, und der überzeugte den Württembergischen Genossenschaftsverband davon, die Raiffeisenbank Dellmensingen als Musterbank für eine Ökobilanz auszuwählen. Die Gesellschaft für Unternehmensberatung, eine 100prozentige Tochter des Genossenschaftsverbands, lieferte dann über ihren Umweltberater das entsprechende Know- how dazu. Die Dellmensinger Vorreiter führten bei sich ein Umweltmanagementsystem ein und bieten dies nun auch ihrer mittelständischen Klientel als Dienstleistung an. Johannes Bernreuter