Die Reps bedanken sich bei Henning Voscherau

■ Mit ihrem Law-and-Order-Wahlkampf betreiben SPD und CDU in Hamburg ungewollte Hilfe für die Reps. Die Rechtsextremen liegen bei drei bis vier Prozent

Hamburg (taz) – Süffisant dankte der Bundesvorsitzende der „Republikaner“, Rolf Schlierer, vorige Woche den beiden Männern, die sich seiner Ansicht nach im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf um die Reps am meisten verdient gemacht haben: Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) und sein christdemokratischer Herausforderer Ole von Beust. Sie hätten in beispielhafter Manier das Leib- und-Magen-Thema der Rechtsaußenpartei – die Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere von Ausländern – in den Köpfen der Hamburger Bürger verankert. Daß das Wahlkämpferduo „auf unseren Zug aufgesprungen ist“, könne am 21. September, dem Wahltag, „nur dem Orginal zugute“ kommen, prophezeite der Chef der Reps: „Und das sind wir.“

Fast wortgleich warnte der knapp gescheiterte Stuttgarter Bürgermeisterkandidat der Stuttgarter Grünen, Rezzo Schlauch, die Hamburger SPD vor wenigen Tagen davor, in die Arme „des Orginals“ zu treiben. „Die SPD- Wahlkampagne zur Inneren Sicherheit hat schon in Baden-Würtemberg dazu geführt, daß die Sozis auf 25 Prozent abgesackt sind“, schrieb der Grüne Henning Voscherau ins Stammbuch, „und die ,Republikaner‘ konnten sich fast jede zehnte Stimme abholen.“ Der Hamburger FDP-Chef Frank- Michael Wiegand blies Ende vergangener Woche ins gleiche Horn: Die Verbalinitiativen des Bürgermeisters zur Kriminalitätsbekämpfung drohten „Dämme zu brechen, die sich in Wahlergebnissen für die Rechten“ niederschlagen werden.

Doch Schlauchs und Wiegands Warnungen kommen zu spät. Längst haben die Wahlkampfstrategen von SPD und CDU in konkurierender Zusammenarbeit ein Bild der Hansestadt entworfen, das die betuliche Elbmetropole als Mekka dealender Afrikaner und Kurden, polnischer Autoschlepperbanden und gewaltbereiter Jugendgangs erscheinen läßt, gegen die es die ganze Härte des Gesetzes einzusetzen gelte. Daß die Gesamtkriminalitätsrate in Hamburg seit 1985 nicht gestiegen ist und nur die Raub- und Gewaltdelikte unter Jugendlichen hier eine Ausnahme bilden, geht im hanseatischen Wahlkampfgetöse unter. Statt dessen mußte Voscherau im Arbeiterstadtteil Harburg erleben, wie ihn eine aufgebrachte Rentnerin aufforderte, man solle afrikanische Asylbewerber einfach ins Flugzeug setzen und über dem Ozean abwerfen. Die Hälfte der über 100 WählerInnen auf der Veranstaltung klatschte spontan Beifall. Voscherau: „Das hat mir den ganzen Tag ruiniert.“

Daß Voscherau nicht auch noch der Wahlabend von braunem Jubel ruiniert wird, dafür stehen die Chancen dennoch gut. Die „Republikaner“, die 1993 mit 4,8 Prozent den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft nur knapp verpaßten, müssen sich ihr Jagdrevier mit fünf anderen Parteien aus dem rechten Spektrum teilen. Neben der Schlierer-Partei gehen noch die rechtextreme DVU, der Bund freier Bürger, die NPD, die Deutschen Konservativen und die Deutsche Partei in der Hansestadt auf Stimmenfang. Diese Zersplitterung am rechten Rand, so prophezeien die Wahlforscher von Infratest und Emnid, wird dazu führen, daß die „Republikaner“ mit einem Stimmanteil zwischen drei und vier Prozent die Fünfprozenthürde nicht schaffen werden. Marco Carini