Spiel mit dem Feuer

■ Voscheraus Populismus nützt den Rechtsextremen

Ob Schröder in Niedersachsen oder Voscherau in Hamburg – mit markigen „Law and order“-Parolen jagen die wahlkämpfenden SPD-Landesfürsten nach Volkes Stimmen. Ihre Slogans finden sich – seit Jahren und fast wortgleich – in den Programmen der „Republikaner“ oder der DVU wieder: kriminelle Ausländer zügig abschieben, straffällig gewordene Jugendliche in geschlossene Heime stecken, mehr Polizei und „zero tolerance“ gegenüber Kleinkriminellen.

Daß der Versuch der SPD, mit Populismus-Parolen aus rechtem Fundus Wahlkampf zu machen, keinen Erfolg verspricht, läßt sich unschwer nachweisen. Fast immer stärkten in den vergangenen Jahren rechte Parolen aus linken Mündern nur die Parteien des rechten Randes. Ob bei der Bremer Bürgerschaftswahl 1991, der Europawahl 1994 oder der Landtagswahl in Baden-Württemberg – die rechten Parteien mußten nur ernten, was die SPD gesät hatte. Bestimmen „Law and order“-Themen die Diskussion, wird am Wahltag das Original der Fälschung vorgezogen. Stets galt: Wer „Republikaner“-Parolen nachmacht oder nachgemachte „Republikaner“-Parolen an den Stammtisch bringt, wird mit Stimmentzug nicht unter fünf Prozent bestraft.

Brächten sich die Sozis mit ihrem Getöse nur um ein paar Prozente, man könnte zur Tagesordnung übergehen. Doch der Populismus der Schröders und Voscheraus macht rechtes Politikverständnis erst hoffähig. Die dem „gesunden Volksempfinden“ nachempfundenen Lösungsansätze entwickeln am Stammtisch selbstverstärkende Wirkungen.

Erinnern wir uns: Die jüngsten Brandanschläge auf Kirchen und Flüchtlingsheime in Hamburg und Lübeck wurden nicht von organisierten rechtsmilitanten Banden begangen. Vielmehr zündelten da „Einzeltäter“ und jugendliche Gruppen, die – ohne über ein geschlossenes rechtsradikales Weltbild zu verfügen – ihre Taten mit plakativen ausländer- und obdachlosenfeindlichen Slogans begründeten, die ihnen manche Medien und Parteien frei Haus geliefert hatten. Wie Schröder und Voscherau die Geister, die sie aus durchsichtigen wahltaktischen Gründen jetzt rufen, wieder loswerden wollen – darauf sind die SPD-Meinungsführer bisher jede Antwort schuldig geblieben. Marco Carini

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