Cellulitis und urinale Traumata

■ Die Eröffnungsgala der Hamburger Kammerspiele

Nett war's. Viele, viele bunte Smarties zogen die Hausherren Ulrich Waller und Ulrich Tukur vergnügt aus der Wundertüte. Zur Eröffnungsgala am Sonntagabend mischte sich allerlei Unterhaltsames aus den Sparten Chanson und Kabarett zum Appetizer für die neue Spielzeit an den Hamburger Kammerspielen.

Doch manchen war's noch nicht nett genug. „Abgeschmackt“und „lieber Musik“, tönte es gleich nach der ersten Gesangsdarbietung lautstark aus dem Parkett. Hatte doch der Kabarettist Matthias Deutschmann die Frechheit besessen, eine Medienschelte ob der Heuchelei um unsere Herzensprinzessin vom Zaun zu brechen. Jahrelang, so Deutschmann, hätten die Illustrierten jede Hautpore von Diana nach Anzeichen von Cellulitis untersucht, und jetzt spräche man sie plötzlich heilig. Vor Wochen habe der Stern noch anhand unscharfer Paparazzi-Fotos über die starke Brustbehaarung von Dodi sinniert, und heute distanziere man sich scharf von den Promi-Jägern.

„Themenwechsel“, schallte es da wieder aus dem Publikum. Und damit war der Skandal des Abends abgehakt. Danach gab es einiges zu lachen. Arnulf Rating trat als Schwester Hedwig mit roten Zöpfen, rheinischem Zungenschlag und der strengen Frage ans Publikum heran, wo denn ihre Urinproben blieben.

Gerburg Jahnke beschäftigte sich als Klofrau mit der Frage, warum der Mann als Nachfahr des Halbaffen lieber an Bäume und Litfaßsäulen pinkelt als in gebärmutterförmige Keramikbecken. Und Horst Schrath stellte als Parteimitglied der SPD entsetzt fest, daß die Klos in den Kammerspielen so rot sind. Komisch, irgendwie schienen alle Kabarettisten kürzlich ein urinales Trauma erlitten zu haben.

Gesungen wurde auch recht schön. Dominique Horwitz gab sich frankophon-charmant als Jacques Brel, Ulrich Tukur und seine „älteste Boygroup der Welt“widmeten sich etwas altväterlich dem tschechischen und österreichischen Liedgut, und zwei echte weibliche Röhren namens Queen ß ließen Joe Cocker wie einen Waisenknaben aussehen. Doch schade, sie treten in der neuen Spielzeit nur in Kiel, nicht in den Kammerspielen auf. Nett war's trotzdem. Karin Liebe