Private Sheriffs jetzt neu im Bus

■ Dialog und Druck: Die Bremer Straßenbahn AG geht mit Sozialarbeit und Sicherheitsdienst in die Offensive / Private Sheriffs patroullieren seit Monatsanfang an Brennpunkten der Stadt

Mit Zuckerbrot und Peitsche, mit Sicherheitsdienst und Sozialarbeit geht die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) seit Monatsbeginn in die Offensive. Erstmalig in der Geschichte des Transportunternehmens wurde jetzt eine Sozialarbeiterin als Streetworkerin auf ABM-Basis eingestellt. Sie soll systematisch Kontakte zu Jugendlichen in Problemstadtteilen wie Kattenturm, Huchting und Osterholz-Tenever aufbauen – und zugleich helfen, Vandalismus-Schäden in Bussen und Bahnen zu reduzieren. Die belaufen sich auf immerhin rund 1,8 Millionen Mark pro Jahr „mit steigender Tendenz“, sagt BSAG-Sprecher Wolfgang Pietsch.

Wer nicht hören will, soll fühlen. Ebenfalls seit Monatsbeginn patroullieren, ebenfalls ganz neu für Bremen, private Wachmänner durch die Waggons. In schwarzer Hose, weißem Hemd – und vom achtmaligen deutschen Judo-Meister, Stefan Buben, ausgebildet – sorgen sie schlagkräftig für „Sicherheit und Ordnung“. Wer sich mit den Schuhen auf dem Sitz lümmelt, wer mit dem schwarzen Edding weiße Schalensitze verschmiert, wer harmlose Mitreisende bedroht oder FahrerInnen anpöbelt, muß jetzt verstärkt damit rechnen, auch mal erwischt zu werden. „Die Sicherheitsleute, die sich gegenüber unseren Kunden ausweisen werden, üben das Hausrecht aus“, bestätigt Pietsch. Im Zweifelsfall werde die Polizei gerufen und Anzeige erstattet.

Die Security-Männer selbst verstehen sich eher als Präventionsarbeiter. „Mir hat eine Busfahrerin erzählt, daß sie mit unseren Männern im Wagen 42 Tickets verkauft hat, wo es sonst höchstens drei gewesen wären“, lacht Sicherheits-Chef Buben zufrieden. Auch wenn seine Leute vor allem dort eingesetzt werden, wo es zu bestimmten Tages- und vor allem Nachtzeiten am häufigsten kracht – in Kattenturm, Huchting, Osterholz-Tenever – schwört er auf Deeskalation. „Deshalb tragen wir auch keine Waffen“, sagt Buben. „Erfahrungsgemäß rüsten die anderen sonst auch auf. Außerdem sind unsere Leute gut genug ausgebildet, um mit Randalierern auch so fertig zu werden.“

Aus Sicht der BSAG ist es höchste Zeit zum Handeln. Zwar fühlen sich die KundInnen und auch das Personal durch Fahrgastdienste und Extra-Serviceleute, die seit längerem auf verschiedenen Strecken mitfahren, mittlerweile sicherer, weiß man. Doch wo früher ein bis zwei handgreifliche Zwischenfälle im Monat gezählt wurden, sind es heute zehn bis zwölf, sagt Pietsch. Erst neulich wurde einem Fahrer ein abgeschlagener Flaschenhals vorgehalten; die Räuber konnten mitsamt der Kasse und jeder Menge Fahrscheine flüchten. Sowas spricht sich in der Belegschaft schnell herum – und deswegen ist auch Busfahrer Ingo Löhmann sicher, daß die meisten der KollegInnen wie er selbst, die Verstärkung durch die mobilen Sicherheitsteams begrüßen. „Es gibt ja auch Zartbesaitete unter uns, denen bei manchem Nachteinsatz nicht ganz wohl ist.“

In der Ecke der Sicherheits-Hardliner sieht man sich bei der BSAG mit den neuen Maßnahmen noch lange nicht. Insider aus dem Sicherheitsgewerbe bestätigen, daß die sechs angeheuerten Security-Kräfte „ja nicht gerade viel“sind. Außerdem ist der Versuch befristet., ebenso wie die Stelle der soeben angestellten Sozialarbeiterin. Kaum eingearbeitet, ist schon das Ende ihrer Arbeitszeit in Sicht. Hier allerdings beteuert der BSAG-Sprecher: „Wir wollen unser Image als Uniformträger loswerden. Jugendliche, die in den Zügen oder Bussen randalieren, meinen eigentlich nicht uns. Die sind sauer auf die Verhältnisse.“Hier wolle man ansetzen.

Eva Rhode