Paparazzi von „Bild“

■ Freispruch für „Bild“-Mann und Polizist: Sie besorgten Reemtsma-Bild

Hamburg (taz) – Es hätte ein Polizeiskandal sein können. Aber nach der dürftigen Beweisaufnahme blieb nur Medienschelte: Als der Multimillionär Jan Phillip Reemtsma im April 1996 in den Händen seiner Entführer war, hatte sich ein Bild-Reporter das einzige aus dem Verlies als Lebenszeichen geschickte Foto von einem Polizisten besorgt.

Gestern wurden der Beamte und der Fotograf vom Amtsgericht Hamburg freigesprochen. Der Polizist, weil ihm nicht nachzuweisen war, daß er das Foto gegen Geld und freiwillig aus den Händen gegeben hatte. Der Fotograf, weil der Gebrauch eines Fotos, das man sich unerlaubt besorgt hat, nicht strafbar ist. Richter Hans-Peter Bünning: „Schade“.

Während der Reemtsma-Entführung gab es eine Art freiwillige Nachrichtensperre, für die sich sämtliche Medien anschließend sehr lobten. Hinter den Kulissen bereiteten sich alle auf den Tag der Befreiung vor. Auch die Bild-Zeitung, mit den ihr eigenen Methoden. Laut Anklage hat sie das Bild einem Polizisten abgekauft. Bild- Mann Hans-Jürgen K. behauptete jedoch, er habe über den Schäferhundverein gut bekannt mit dem Polizisten Sven B., in dessen Wohnzimmer rumgeschnüffelt, das Foto zufällig entdeckt und flugs und heimlich auf dem Balkon abgelichtet. Von all dem will der Polizist nichts mitbekommen haben.

„Daß sich ein Journalist an die Fersen von jemandem heftet, von dem er ein Sensationsfoto bekommen könnte, liegt nicht fern“, urteilte das Gericht und wies auch den Vergleich der Staatsanwaltschaft mit den Paparazzi, die Diana jagten, nicht zurück. Unbestritten hat die Bild 5.000 Mark an den Fotografen gezahlt. Am Tag nach der Freilassung Reemtsmas wurde das Foto gedruckt, obwohl die Familie des Entführten eindringlich darum gebeten hatte, das nicht zu tun. Der Springer-Verlag war sogar so frei, das Bild nachher noch einmal in einer Jubiläumsbroschüre zu drucken. Elke Spanner