Schottlands eigenes Parlament – nächster Versuch

Wenn das schottische Volk heute zum Referendum schreitet, geht es um zwei Fragen: Neben der Abstimmung über ein eigenes Parlament in Edinburgh müssen die Schotten auch entscheiden, ob dieses Parlament die Steuern bis zu drei Prozent von den englischen variieren darf. Wird zumindest der erste Punkt abgesegnet, kommt es im Mai 1999 zu Wahlen. Von den 129 Abgeordneten werden dann 73 direkt gewählt, die übrigen ziehen per Listensystem ins neue schottische Parlament ein, das zur Jahrtausendwende seine Arbeit aufnehmen soll.

Auf den Tag genau 700 Jahre ist es her, daß der schottische Nationalheld William Wallace, von Mel Gibson als „Braveheart“ verewigt, unter den englischen Truppen in der Schlacht bei Sterling Bridge ein Blutbad anrichtete. 1305 wurde er von den Engländern gefangengenommen und hingerichtet. Sein Nachfolger Robert Bruce war erfolgreicher: 1328 erkämpfte er das erste schottische Parlament. Knapp 300 Jahre später, 1603, wurde die schottische Krone mit der englischen vereinigt: Da der schottische König Jakob VI. Nachkomme von Heinrich VII. war, wurde er gleichzeitig Jakob I. von England.

1707 stimmte das schottische Parlament für seine eigene Abschaffung. Anne, die letzte Stuart-Königin, hatte zwar 17 Kinder zur Welt gebracht, doch keins überlebte. Die englische Aristokratie sah das als Gelegenheit, die katholische Stuart-Dynastie loszuwerden, und schlug den Schotten die Enkelin von Jakob VI., Sophie von Hannover, vor. Zudem versprach London verschiedene Handelserleichterungen. Einzige Bedingung: ein gemeinsames Parlament in Westminster, das man den schottischen Aristokraten mit Bestechungsgeldern schmackhaft machte. Der schottische Nationaldichter Robert Burns schrieb später: „We were bought and sold for English gold.“ Großbritannien war geboren, Wales hatten die Engländer bereits 1535 annektiert. Ein halbes Jahr vor Anne starb Sophie, deren Sohn Georg I. 1714 den Thron übernahm. Natürlich gab es Rebellionen, doch nach der Schlacht von Culloden 1746 war alles vorbei.

Erst 1911 regte sich der schottische Nationalismus wieder, als die erste Gewerkschaft in Aberdeen gegründet wurde. Doch im Zuge der beiden Weltkriege trat das in den Hintergrund. 1979 stimmten die Schotten für ein eigenes Parlament, aber aufgrund der geringen Wahlbeteiligung galt die Wahl nicht. Nach 290 Jahren soll Schottland nun wieder eine eigene Volksvertretung bekommen. RaSo