Schneller aussteigen statt mehr ausdünnen

■ 1987 einigte sich die Staatengemeinschaft auf das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht. Jetzt soll der Vertrag am gleichen Ort verschärft werden

Berlin (taz) – 300.000 zusätzliche Krebsfälle drohen; der Ausstieg ist das Mittel dagegen. Seit Mittwoch verhandeln in Montreal die Regierungen von über 100 Staaten wieder über die Rettung der Ozonschicht. Nach dem Ausstieg aus der FCKW-Produktion, dem besonders ozonzerstörenden Gas, steht der baldige Verzicht auf das Agrarpestizid Methylbromid und die ozonschädigende erste Generation der FCKW-Ersatzstoffe auf dem Programm.

Bei den Verhandlungen lassen sich drei unterschiedliche Lager unterscheiden. Ein Teil der Industrieländer, an der Spitze die USA, wollen schneller als bisher geplant aus der Produktion des ozonschichtzerstörenden Methylbromid aussteigen. Die Amerikaner haben einen Produktionsstopp schon für das Jahr 2001 vorgeschlagen. Die Bundesregierung hätte mit diesem Ziel im Prinzip keine Probleme, erklärte Bundesumweltministerin Angela Merkel gestern in Bonn. Allerdings habe man sich im europäischen Rahmen nicht auf einen so schnellen Ausstieg einigen können. Die EU favorisiere derzeit einen Ausstieg erst im Jahr 2005.

Beim Verzicht auf die sogenannten teilhalogenierten Kohlenwasserstoffe (H-FCKW) verläuft die Auseinandersetzung genau andersherum. Hier drängt die EU auf einen schnellen Verzicht. Das Ausstiegsdatum der Industriestaaten soll von 2030 auf 2015 vorgezogen werden, wie es die EU intern schon beschlossen hat. Die Amerikaner und Japaner hingegen mauern.

Ein wichtiger Grund: Die amerikanische Chemieindustrie, vor allem der Marktführer Du Pont, ist stark in der Produktion dieser Stoffe engagiert, während die Europäer, an der Spitze die Deutschen, nach einer erfolgreichen Greenpeace-Kampagne auf den Einsatz des harmloseren Propan und Butan als Kühlmittel setzen.

Gemeinsam ist den USA und den Europäern nur die Forderung, daß auch die Staaten der Dritten Welt schneller aussteigen müßten. Dafür haben die Industriestaaten auch Geld versprochen. Die Bundesregierung investiert zum Beispiel in China und Indien in den Einsatz der Propan-Butan-Technologie, damit dort auf Ozonkiller in der boomenden Hausgeräteindustrie verzichtet wird.

Aber die Staaten der Dritten Welt geben auch in Montreal den Schwarzen Peter zurück. Das Sekretariat der Ozonkonferenz mußte gleich zu Beginn einräumen, daß die Industriestaaten in diesem Jahr erst 27 Prozent der zugesicherten Gelder in den Fonds eingezahlt haben, aus dem der Schutz der Ozonschicht in den Ländern subventioniert wird. Hermann-Josef Tenhagen