Solidarität der St. Pauli-Stürmer

■ Ein erneut enttäuschender FC gewinnt 2:0 gegen Fortuna Köln

Welch ein Wechselbad der Gefühle: 0:2 zurückgelegen nach einer halben Stunde, später durch einen Platzverweis geschwächt und dann doch noch der Ausgleich zum 2:2 durch die Nummer 12, dem glücklichen Händchen des Trainers sei Dank. Schlußpfiff: Fünf Spieler liegen von Krämpfen geplagt auf dem Rasen, das Publikum bejubelt die Aufholjagd, kurz darauf erfüllt die Welle das Stadion.

Schade, aber das war am Freitagabend. Die St. Pauli-Amateure spielten gegen den Itzehoer SV und die Zwölf trug nicht Andreas Mayer, sondern Jörg Oesterreich. Den Profis blieb es gestern gegen Fortuna Köln vorbehalten, zur Halbzeitpause unter dem gellenden Pfeifkonzert der 14.000 ZuschauerInnen in die Kabinen zu trotten. Darek Szubert (3., 36.) hatte mit zwei Chancen mittlerer Güte schon für die „Höhepunkte“ der ereignisarmen ersten Hälfte gesorgt.

Doch am Millerntor werden die Weihen der Kunst oft erst aus höchster Not und Armut erreicht. Ausgerechnet, da das gewohnte „kämpfen, Pauli, kämpfen“ von den ernüchterten Rängen ausblieb, wurde das bizarre Gekicke zwischen den Ausflüglern aus der Domstadt, mit 30 Pluspunkten weit entfernt von Abstiegskampf und übermäßiger Motivation, und den Hausherren einem nicht mehr erwarteten Resultat jenseits des adäquaten 0:0 zugeführt.

73 torlose Minuten waren verstrichen, als Libero Dirk Dammann mit dem Ball am Fuß desperat nach Anspielstationen Ausschau hielt, mit dem Mute der Verzweiflung gen Strafraumgrenze dribbelte und von dort flach zum Führungstreffer einschoß. Selbst im Dreierpack hatten Schweißing (64.), Trulsen (64.) und Szubert (64.) zuvor allerklarste Einschußmöglichkeiten vergeben.

Nach dem 1:0 aber konnte selbst Martin Driller ungewohnte Bohème-Solidarität demonstrieren, indem er zweimal auf den besser postierten Stürmerrivalen Jens Scharping ablegte. Aus 30 Zentimetern ins leere Tor zu treffern (87.) war ein wenig anspruchslos – der U 21-Nationalspieler (in ewiger spe) entschied sich dafür, erst die zweite Einladung (88.) aus drei Metern Distanz anzunehmen.

Wahre Kunst ist nie ganz nachvollziehbar, aber wer mit solchen Leistungen gewinnt wie die Braun-Weißen und sich gleichzeitig über Ausrutscher der Konkurrenz freuen darf (siehe Tabelle), dem droht sogar, das eine Tor, was im Moment zum Aufstieg fehlt, noch aufzuholen.

Folke Havekost