Ein super Tramp im Cafe Sand

■ Gitarrist Verheyen eröffnete neue Konzertreihe am Weserstrand

Auch viele von den Gitarrenspezialisten Bremens, die bei Konzerten nur auf die Finger der Saitenvirtuosen starren und danach nach Hause eilen, um die abgeguckten Tricks selber auszuprobieren, hatten noch nie etwas von Carl Verheyen gehört. Die neue Konzertreihe im Cafe Sand begann am Donnerstag abend eindeutig mit einem „No Name“-Konzert; auch wenn Carl Verheyen seit über zehn Jahren als Leadgitarrist bei der Gruppe Supertramp spielt und als Studiomusiker in Los Angeles so beschäftigt ist, daß man seine Gitarre im Soundtrack von jedem zweiten Hollywoodfilm hören kann.

Anders, als die in der gleichen Liga spielenden Kollegen wie Robben Ford, Larry Carlton oder Mike Landau scheint er keine Ambitionen zu haben, als Stargitarrist zu glänzen, und so wirkte er bei seinem Auftritt auch sympathisch zurückhaltend und versuchte das Publikum weder mit spieltechnischen Höchstleistungen, noch durch bemüht originelle Soundexperimente zu blenden. Statt dessen spielte er einen bodenständigen, funkigen Blues mit einer expressiven, singenden Gitarre, die er in so vielen verschiedenen Stimmungen und Soundfärbungen anschlug, daß es eine Zeit dauerte, bis man dahinter seinen eigenen Ton erkannte. Ein Manko der meisten vielbeschäftigten Studiomusiker, bei denen eine zu persöhnliche Handschrift eher schadet, weil sie bei ihrer täglichen Arbeit aus dem Stegreif in den unterschiedlichsten Stilen spielen müssen. Wie vielseitig und souverän sich Verheyen durch verschiedene Genres der Popmusik bewegen kann, bewies er, als nach dersehr inspirierten und vitalen Interpretation des Jimi Hendrix-Songs „And the Wind cries Marie“ein bierseliger und recht kecker Zwischenrufer „Und jetzt was von den Doors“forderte. Ohne zu zögern spielte die Band kurz deren „Walk on through ...“an. Ansonsten präsentierte Verheyen fast nur eigene Songs, bei denen er klug genug war, nur das Allernötigste mit seiner eher dünnen Stimme zu singen. Auch als Komponist wird Verheyen wohl nicht berühmt werden, seine Stücke in den gängigen Stilen von Jazz-Rock bis Reggae sind eher Vehikel für die Soli, aber immerhin ist ihm mit dem „Highland-Shuttle“eine verwegene Mischung aus schottischer Volksmusik und Delta-Blues gelungen.

Das Keyboard Mark LeVangs bekam viel Freiraum für Soli im schön dreckigen Hammondorgel-Sound. Auch der meist in der funkigen Daumentechnik spielende Bassist David Morotta sowie Schlagzeuger Steve Di Stanislo hatten einen erdig-ungeschliffenen Ton, der alle Assoziationen an „Supertramp“, die viele Zuhörer ins Cafe Sand gelockt hatten, vergessen ließ. Ob Verheyen auch frischen Wind in die inzwischen doch recht antiquierte Musik dieser „Superband“der 70er Jahre bringt, kann man schon in einem Monat überprüfen, wenn er mit „Supertramp“in der Stadthalle spielt.

Wilfried Hippen