Hausbesetzungen unter Polizeischutz

Jüdische Siedler eignen sich Wohnungen im Ostteil der Heiligen Stadt an. Die ursprünglichen palästinensischen Bewohner waren erst vor einer Woche vertrieben worden  ■ Aus Jerusalem Georg Baltissen

Palästinensische Jugendliche lieferten sich gestern in Jerusalem Straßenschlachten mit der israelischen Grenzpolizei. Ihr Protest richtete sich gegen die Besetzung zweier Häuser im arabischen Viertel Ras al-Amud in Ost-Jerusalem. Vier Siedlerfamilien hatten am Sonntag abend die Häuser in Ras al-Amud besetzt. Die Häuser stehen auf einem Landstück, das der jüdische US-Millionär Irving Moskovitz vor Jahren gekauft hatte, um darauf eine Siedlung mit 70 Wohnhäusern für Juden zu errichten. Ein Berufungsausschuß des Innenministeriums hatte zuvor eine Klage von Stadtverordneten der linksliberalen Meretz-Partei gegen den Bau der Siedlung in Ras al-Amud abgewiesen.

Die Siedler trafen gegen 22 Uhr Ortszeit in dem dicht bewohnten arabischen Viertel ein. Die über den Lautsprecher der Moschee alarmierte palästinensische Bevölkerung sammelte sich sofort auf der Straße. Mehrere Wagen der Siedler wurden von Steinwürfen beschädigt. Doch rund 100 israelische Grenzpolizisten sicherten den Siedlern den Zutritt zu den Häusern. Feisal Husseini, der Vertreter der PLO in Jerusalem, der noch in der Nacht herbeieilte, erklärte: „Verantwortlich für das, was hier geschieht, sind jene Politiker, die den Siedlern erlauben, mitten in Jerusalem einen neuen Konflikt zu schüren.“

Die Polizei, die vorab von dem Vorhaben informiert war, erklärte die Inbesitznahme der Häuser für Rechtens. US-Millionär Moskovitz war persönlich anwesend und überwachte den Einzug der Siedler in die Häuser. Die palästinensischen Familien, die zuvor in den Häusern wohnten, waren erst in den vergangenen Wochen genötigt worden, die Wohnungen zu verlassen. Nach israelischen Presseberichten hat Moskovitz den palästinensischen Familien Wohnungen im Ausland angeboten. Moskovitz gilt als Unterstützer extremer Siedlergruppen. Ein Führer der extremistischen Kach-Bewegung, die die Übernahme der Häuser offensichtlich organisierte, erklärte, dies sei der erste Schritt, um hier „eine jüdische Nachbarschaft zu errichten. Wir brauchen keine Erlaubnis, um eine Siedlung zu bauen, wenn wir bereits Häuser besitzen“, sagte er.

Das Siedlungsbau war vor zwei Monaten von der Jerusalemer Stadtverwaltung genehmigt worden. Israels Ministerpräsident Bejamin Netanjahu hatte sich jedoch gegen die Errichtung der Siedlung ausgesprochen. Sein Kommunikationsdirektor, David Bar-Ilan, erklärte, daß die Siedler zwar prinzipiell das Recht hätten, überall in Jerusalem zu bauen. Die Regierung habe das Projekt jedoch aus Sicherheitsgründen und wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung untersagt. Doch für Jerusalems Bürgermeister Ehud Olmert, der den Siedlungsbau befürwortet, ist das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen.

Unterdessen hat die israelische Regierung gestern die interne Abriegelung im Westjordanland gelockert, doch ist den Palästinensern der Eintritt nach Israel weiterhin untersagt. Die israelische Regierung ordnete auch die Überweisung der Hälfte der Steuergelder an, die sie der palästinensischen Autonomiebehörde schuldet. Nach israelischen Angaben wurden rund 60 Millionen Mark überwiesen.