Provinzposse wird zum Trauerspiel

■ Fraktionsvorsitzender der bayerischen Grünen, Manfred Fleischer, verläßt nach Querelen Fraktion und Partei

Berlin (taz) – Kalt erwischt hat es die Grünen in Bayern. Ihr Fraktionschef im Landtag schmeißt den Kram hin. Manfred Fleischer erklärte gestern seinen sofortigen Austritt aus Fraktion und Partei: „Ich reagiere damit auf unerträgliche Heuchelei und unverschämte Forderungen von Teilen meiner Partei“, so der neue Ex-Grüne.

Anlaß für diese radikale Entscheidung ist ein offener Brief von Mitgliedern des Grünen-Kreisverbands Freising, in dem Fleischers Beteiligung an Finanzgeschäften mit dem Landtagsdirektor Hanns Nöth scharf kritisiert wird. Gegen Nöth wird inzwischen mit Verdacht auf Betrug und Steuerhinterziehung ermittelt. In dem Brief wurden Fleischers Geschäfte, bei denen er 41.000 Mark Verlust einfuhr, in die Nähe von Drogen- und Waffenhandel sowie Ausbeutung der Dritten Welt gerückt.

Als „harten Schlag“ für die Fraktion wertete Elisabeth Köhler, die zweite Fraktionssprecherin, Fleischers Austritt aus Partei und Fraktion – nicht aber seinen Rücktritt als Fraktionsvorsitzender. „Dazu haben ihm Parteifreunde nach der ganzen Debatte geraten.“ Der Stil, in dem die „Kampagne“ gegen Fleischer geführt worden sei, schade aber der gesamten Fraktion, stellte sie klar. Die Vorsitzende der Grünen in Bayern, Ruth Paulig, sagt zum Rücktritt Fleischers, dies sei „eine tragische Entscheidung und ein herber Verlust“. Fleischer sei eine „grüne Identifikationsfigur“ in Bayern und habe die Fraktion stets gut durch schwere Zeiten geführt.

Mit „schweren Zeiten“ kann die Sprecherin der Grünen nur die Personalquerelen meinen, unter denen die Fraktion bereits seit über einem Jahr leidet.

Der grüne Brief aus Freising ist nicht das erste Schreiben böser Art. Bereits im Frühsommer hatten Mitglieder der Ebersberger Kreistagsfraktion den persönlichen Führungsstil von Manfred Fleischer kritisiert und seinen Rücktritt gefordert. Seit über einem Jahr gibt es heftige Auseinandersetzungen auch innerhalb der Fraktion um Fleischers Person. Daß der Brief, der Fleischer jetzt zum Austritt bewogen hat, ausgerechnet in Freising formuliert wurde, kommt nicht von ungefähr: Der Freisinger Abgeordnete Christian Magerl ist Fleischers größter Widersacher in der Fraktion.

Am Mittwoch soll in einer Sondersitzung über die Nachfolge von Fleischer entschieden werden. Uta Andresen