Fischkutter gesunken

■ Ein holländischer Seemann wird vermißt / Drei Menschen wurden gerettet

„Jetzt kann nur noch ein Wunder helfen“, meint Andreas Lubkowitz, Sprecher der Bremer Leitzentrale der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger (DGzRS), als er gestern Mittag das Ende der vergeblichen Suche nach einem verschollenen Besatzungsmitglied des belgischen Fischkutters „Limanda“bekanntgeben mußte. In der Nacht vom Montag auf Dienstag war der Kutter 30 Meilen nord-westlich von Helgoland in der Deutschen Bucht gesunken. Drei der vier holländischen Besatzungsmitglieder konnten sich in ein Rettungsboot retten. Sie gaben von einer Funkboje einen Satelitennotruf ab. Ein Marine-Hubschrauber aus Helgoland konnte drei Schiffsbrüchige bergen. Von dem vierten Mann fehlt jede Spur.

Nach Aussagen der DGzRS könnte sich das Netz eines Seitenauslegers am Meeresboden an einem Wrack oder Stein verhakt haben. Die Nordsee ist an der Unfallstelle gut 30 Meter tief. Bei Windstärke sieben und einer Dünung um die zwei Meter, war der Seegang nicht heftig. Wahrscheinlich ist das Schiff trotzdem umgeschlagen und gesunken, so Andreas Lubkowitz von der DGZRS.

Noch in der Nacht übernahm der Seenotkreuzer „Wilhelm Kaisen“aus Helgoland die Koordination der Suche auf See. Zwei Fischereischutzschiffe, ein Marine-Tanker, mehrere Kutter und zwei Marinehubschrauber beteiligten sich an der Suche nach dem verschollenen Seemann. In Absprache mit den Schiffen vor Ort und der Marine Leitstelle Glücksburg/Schleswig-Holstein, brach die Bremer Seenotleitstelle die Suchaktion am Dienstag um 12 Uhr ergebnislos ab.

„Wir müssen ganz kühl die Fakten sehen“, meint Lubkowitz, „der Mann ist jetzt ohne Weste und Schutzanzug 14 Stunden im Wasser. Die Wassertemperatur auf See liegt bei 15 Grad. Das kann er nicht länger als drei bis vier Stunden überleben.“

Grundsätzlich koordiniert die Bremer Seenotleitstelle der DGRzS alle Rettungs- und Suchaktionen an der deutschen Nord- und Ostseeküste. Rund um die Uhr ist die Bremer Leitzentale besetzt und hält Kontakt zu ihren 52 Küstenstationen. Alle 54 Rettungskreutzer und Rettungsboote sind 24 Stunden einsatzbereit.

„Nach dem Fall der Mauer wurde unser Einsatzgebiet um 30 Prozent erweitert“, erklärt Andreas Lubkowitz. Da die Rettungsflotte der DDR nicht dem Stand der aktuellen Technik entsprach, mußte die DGzRS innerhalb von vier Jahren alle 15 Rettungsstationen in der ehemaligen DDR mit neuen Rettungskreuzern ausstatten. „Wir wollten denen keine second-hand-Ware andrehen, deswegen haben wir in Warnemünde sofort unseren modernsten Schiffsneubau, die „Vormann Jantzen“stationiert,“sagt Lubkowitz.

Mit dem Ausbau und der Modernisierung der Bremer Seenotleitung hat sich die DGzRS für das neue Jahrtausend gerüstet. „Wir gehen davon aus, daß wir auf Grund der schlechten Entwicklung der deutschen Seefahrt, in fünf bis zehn Jahren unsere Besatzungen selbst ausbilden und trainieren müssen“, erklärt Lubkowitz. Dazu stehen den Bremern Simulationsapparate zur Verfügung, mit denen „auf dem Trockenen“alle Gefahrensituationen auf See risikolos nachgestellt werden können.

Außerdem trainieren die Seeleute im eigenen Sprachlabor die „SEA-speak“, eine eigens von der Internationalen Marine Oragnisation, dem weltweiten Gremium für Schiffahrtsregeln, entwicklete Rumpfsprache. „Es hört sich englisch an, bewegt sich aber auf der Ebene: „no have und no can give“, meint Lubkowitz. Ein verbindliches Kommunikationsystem sei für die Koordination von internationalen Rettungseinsätzen auf See lebensnotwendig. Nur friesische Seeleute würden an ihrer lokalsprachlich gefärbten Seemannssprache hartnäckig festhalten wollen.

Die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ist eine nicht staatliche Einrichtung, die sich weitgehend aus Spenden finanziert. Sie wurde 1865 mit Sitz in Bremen gegründet. Anlaß der Gründung war der Tod von über 80 Menschen. Sie ertranken vor Spiekeroog als 1854 der Segler „Johanne“im Sturm vor der Nordseeinsel auflief und sank. Die „Johanne“wollte deutsche Auswanderungswillige nach Amerika bringen.

Thomas Schumacher