Globaler Markt schließt Arme aus

■ Unctad fordert in ihrem Entwicklungs- und Handelsbericht 1997 eine gerechtere Verteilung der erwirtschafteten Güter

Berlin (taz) – Im Prinzip sei gegen die Globalisierung nichts einzuwenden, meint die Unctad, die Handels- und Entwicklungsorganisation der UNO. Doch in ihrem neuesten Jahresbericht fordert sie, die Früchte der Globalisierung müßten gerechter verteilt werden.

Der Unctad-Bericht zu Handel und Entwicklung 1997 hält fest, daß die Globalisierung insgesamt zu ökonomischen Fortschritten geführt habe. Angesichts von 36 Millionen Arbeitslosen in den Industrieländern und einer immer ungerechteren Einkommensverteilung drohten allerdings Rückschläge.

Unctad-Generalsekretär Rubens Ricupero nannte als Beispiel für die Unzufriedenheit die französischen Streiks Ende 1995 und den UPS-Streik in den USA im August. „Die dreißiger Jahre haben uns deutlich gezeigt, wie schnell das Vertrauen in Markt und Offenheit verschwinden kann“, warnte Ricupero. Rassismus und Fundamentalismus könnten die Folge sein.

Nicht nur in den Industrieländern kommen die Ergebnisse der Globalisierung zu wenigen zugute. Die Differenz zwischen den reichen und den ärmsten Ländern sei drastisch gewachsen. 1965 war das Pro-Kopf-Einkommen in den sieben reichsten Staaten zwanzigmal so hoch wie in den sieben ärmsten Staaten. 1995 lag das Verhältnis bei 39 zu 1.

Kritik üben die Unctad-Ökonomen um Yilmaz Akyüz vor allem an der Tatsache, daß es nicht gelungen sei, die Unternehmensgewinne in jobschaffende Investitionen umzuwandeln. Das Hauptübel sieht Akyüz in der zu schnellen Liberalisierung der Kapitalmärkte. Dies habe dazu geführt, daß sich die Geldmärkte vollständig von den dahinterliegenden Handels- und Investitionsentscheidungen abgekoppelt hätten. Es sei für Kapitalbesitzer einfach lukrativer gewesen, auf den Geldmärkten mit vorhandenen Werten zu handeln, als neue Werte durch Investitionen zu schaffen. Das Wachstum der Weltwirtschaft sei auf zwei Prozent im Jahr zurückgegangen.

Die Unctad verlangt folgerichtig, Anreize zu schaffen, damit wieder mehr Geld in die Produktion investiert wird. Gleichzeitig sollte die Liberalisierung der Finanzmärkte vorsichtiger als bisher betrieben werden. Nur eines will Unctad nicht mehr: Protektionismus, wie er früher in der UN-Organisation durchaus als Mittel gegen die Gefahren des Weltmarktes vertreten wurde, lehnte Ricupero als heuzutage völlig untauglich ab. Hermann-Josef Tenhagen