„Erst nach Fußtritten ließ er mich in Ruhe“

■ Prozeß wegen versuchter Vergewaltigung / Vertreter soll 20jährige Frau belästigt haben

Eine 20jährige Bremerin brach weinend zusammen und verließ sogar für einige Minuten den Gerichtssaal, als sie gestern vor dem Schöffengericht über ihre Erlebnisse mit einem Vertreter berichten sollte. Versuchte Vergewaltigung wird dem 27jährigen Mann vorgeworfen – er soll die Frau überraschen zu Hause besucht haben und dabei sexuell zudringlich geworden sein.

Es war bereits der zweite Verhandlungstag in dem Prozeß, bei dem die 20jährige Nebenklägerin erstmals als Zeugin aussagte. Sie habe den Mann gekannt, erzählte sie. An einer Bushaltestelle nahe der Rennbahn und in der Nähe ihrer Arbeitsstelle hätten sie sich kennengelernt. Um mit ihr ins Geschäft zu kommen, sprach er sie an, und beide tauschten wegen eines möglichen Geschäftstreffens ihre Telefonnummern aus. Mehrmals habe er sie danach angerufen. „Er wollte sich unbedingt mit mir alleine ohne meinen Freund verabreden, um über ein Geschäft zu sprechen. Nebenbei sprach er auch von seinen Beziehungsproblemen“, erinnerte sich die junge Frau. Doch ihr damaliger Freund war dagegen: Er wollte auf jeden Fall bei einem Treffen dabei sein – sie sagte deshalb einen vom Vertreter vorgeschlagenen Termin ab.

Doch dann habe er plötzlich doch vor ihrer Tür gestanden. Und was sich dann abspielte, kann die 20jährige nur mit schluchzender Stimme und tränenden Augen vor dem Schöffengericht erzählen: Um 12 Uhr klingelt es bei ihr. Sie öffnet die Tür, weil sie ihren Freund erwartet. Statt dessen steht der Vertreter vor der Tür und tritt ein. Sie kann ihn daran nicht hindern. Beide reden kurz über das Geschäft, dann interessiert er sich plötzlich für ihre Musik-CDs. Sie denkt sich nichts dabei, setzt sich mit ihrer Freizeitkleidung auf ihr Bett. Etwas unwohl ist ihr aber doch. Das Ganze kommt ihr komisch vor.

Plötzlich umarmt hat er sie dann und sich mit auf ihr Bett gesetzt. „Laß das. Ich will das nicht,“hat sie dann gesagt – und sofort jegliche Zärtlichkeiten abgeblockt. Aber genutzt hätte es nichts: An der Hand hat er sie festgehalten, mit der Hand ihre Jogginghose und Unterhose bis auf Kniehöhe heruntergerissen. „Wehren konnte ich mich dagegen nicht, weil er auf meinen Oberschenkeln gesessen hat“, sagte die 20jährige schluchzend. Erst als er seine Hose öffnet, sein eregiertes Glied sichtbar ist, kann sie ihm einen Fußtritt in den Unterleib verpassen.

„Sie sagte zu mir, daß sie Lust habe. Später sagte sie, wörtlich bitte fick mich“– so gegensätzlich hatte am ersten Verhandlungstag der Angeklagte die Situation vor Gericht beschrieben. Keine Gewalt sei im Spiel gewesen, beide hätten Lust aufeinander gehabt und sich „zärtlich umarmt und geküßt.“Ausgezogen hätten sie sich außerdem gegenseitig. Erst dann hätte sie zu ihm gesagt: „Laß mich in Ruhe. Ich will nicht.“Daraufhin hätte er sich wieder angezogen und sei gegangen.

Daß er erst nach ihrem Fußtritt von ihr gelassen habe, daß er sich danach angezogen und sie seine Jacke auf die Straße geschmissen hätte, sagte hingegen die 20jährige vor Gericht aus – und mußte ihre Schilderung unterbrechen und aus dem Saal gehen, um sich wieder zu beruhigen. Nach dem Vorfall, sagte sie weiter aus, sei sie zwei Monate in psychiatrischer Behandlung gewesen und hätte Tabletten geschluckt.

Als unglaubwürdig und „Rachezug gegen den Mann“will der Verteidiger die 20jährige jetzt jedoch entlarven, kündigte er gestern an. Und einen Zeugen vorladen lassen, um „dem Charakter der Zeugin näherzukommen.“Sie soll bereits in einer Fernseh-Talkshow über einen Ex-Liebhaber hergezogen haben. Beweise dafür wolle er in Form eines Videos liefern. Der Prozeß wird erst in drei bis vier Monaten neu angesetzt – wegen Terminschwierigkeiten des Verteidigers. JD