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Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Alle Sagen: I Love You USA 1996, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Dew Barrymore, Julia Roberts, Tim Roth

Es läßt schon Schlimmes vermuten, wenn Woody Allen im Presseheft schreibt, er wollte „amüsantes, unterhaltsames Konfekt“machen. Es ist immer ein schlechtes Zeichen wenn ein Filmemacher klingt wie seine oberflächlichsten, gefälligsten Kritiken. Allen entpuppt sich hier als schlimmer Snob, und seine hochgerühmten geographischen Aufbrüche aus dem heimatlichen Manhattan nach Paris und Venedig können kaum als wirkliche Neuanfänge gelten. Allen modelliert beide Städte in Versionen seines eigenen Terrains um, die fast ausschließlich von reichen New Yorkern bewohnt werden. Und bei der Verwendung von Musicalnummern – bei denen die Filmfiguren plötzlich zu singen anfangen, begleitet von Juwelieren, Krankenschwestern, und sogar Phantomen – hat auch Allen keine neue Lösung dabei gefunden, die Erzählung um die Musik herum zu strukturieren: Die Shownummern und ihre angestrengte Heiterkeit erinnern verdächtig an die Werke von Dennis Potter wie „The Singing Detective“oder „Pennies from Heaven“. Wenn man diese abgekupferten Musical-Elemente und das Inseldenken des New Yorker Stadtneurotikers aus dem Film herausnimmt, bleibt nur eine von jenen leichtgewichtigen moralischen Komödien übrig, die die französischen Routiniers für die Hälfte des Geldes und mit viel weniger Brimborium zustandebringen.“(Sight and Sound) Atlantis, UT-Kinos

Aristocats USA 1970, R: Wolfgang Reitherman

„Warm, einnehmend und schön anzusehen, ist dies der am wenigsten schaurige und am meisten unterbewertetste von allen guten Zeichentrickfilmen aus dem Hause Disney. Visuell kann sich der Film sogar an Disneys Meisterwerken messen. Die Kulissen des Paris der Jahrhunderwende sind wunderschön und die Hauptfiguren wurden brilliant animiert, in einer Kreuzung der traditionellen Disney- Maltechniken mit Art Nouveau Postern. (Chris Tookey) UFA-Palast

Auf der Jagd nach dem Nierenstein Norwegen/Schweden 1996, R: Vibeke Idsöe, D: Torbjörn T. Jensen, Jenny Skalvan

„Der spannende Körpersaft- und Organthriller erzählt die Geschichte von Simon, der mit Hilfe seines altklugen und zauberkundigen Teddys zu einer Reise in den Körper seines kranken Großvaters aufbricht. In dessen Nieren werkeln garstige Salzhacker an einem riesigen, ungesunden Kristall, dem Nierenstein. Gemeinsam mit zwei Blutkörperchen nimmt Simon den aufwendig animierten Kampf auf. Die tränenreiche Geschichte ist weder traurig noch nur für Kinder.“(tip) UFA-Palast

Aus dem Dschungel in den Dschungel USA 1997, R: John Pasquin, D: Tim Allen, Sam Huntington, Martin Short

„Wie „Das Bankentrio“, „Noch drei Männer, noch ein Baby“und „Daddy Cool“basiert auch dieser Film auf einer französischen Erfolgskomödie. Vorlage ist Herve Paluds „Little Indian“, der mit über sieben Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film des Jahres 1994 war. Ein Börsenmakler reist in den venezuelanischen Regenwald, um seine Ex-Frau zur Unterzeichnung der Scheidungspapiere zu veranlassen. Im Busch angekommen, macht er die bestürzende Entdeckung, daß er Vater eines 13jährigen Sohnes ist, der alsbald seinen Erzeuger nach New York begleitet. Dort entwickelt sich das übliche Kultur-Crash-Chaos. Ein netter, harmloser Familienspaß, der sich nur durch sein US-Kolorit vom Original unterscheidet.“(Cinema) UFA-Stern, UT-Kinocenter

B

Bean Großbritannien 1997, R: Mel Smith, D: Rowan Atkinson, Burt Reynolds

„Nicht von ungefähr findet sich die Warnung, man habe es mit dem „ultimativen Katastrophenfilm“zu tun, im Untertitel des ersten Filmabenteuers des im Fernsehen und Video längst zum Kulthelden avancierten Mr. Bean: Da, wo das von Rowan Atkinson gewohnt kongenial dargestellte Strichmännchen bei seinem Besuch der Vereingten Staaten hintritt, wird die Neue Welt in ihren Grundfesten erschüttert – zum Gaudium des komödienhungrigen Publikums, das von „Bean“ganz nach seinen Bedürfnissen bedient wird. Atkinson und sein Regisseur Mel Smith taten gut daran, den unverkennbaren, clever zwischen Stummfilmheroen wie Langdon und Keaton sowie modernen Leinwandkasperln wie Lewis und Carrey angelegten Tunichtgut weitgehend unangetastet zu lassen: Immer noch hinterläßt der Kindskopf mit dem Gemüt eines Simplicissimus eine Spur der Zerstörung, ohne sich des Umfangs seiner Handlungen bewußt zu sein. Der Schritt auf die große Leinwand ist ein Unternehmen, bei dem nichts schiefgehen kann.“(Blickpunkt: Film) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Muwi-Filmkunst (Ol)

Die bleierne Zeit Deutschland 1981, R: Margarethe von Trotta, D: Jutta Lampe, Barbara Sukowa, Rüdiger Vogler

„Die Handlung erinnert auffällig an das Schicksal der Geschwister Ensslin. Beabsichtigt war aber zweifellos keine einfache Biographie, sondern eine politische, eine gesellschaftliche und eine psychologische Analyse. Ein „Planspiel“nannte es ein Kritiker, und diese treffende Bezeichnung kennzeichnet Stärke und Schwäche des Films. Intelligenz ist ihm nicht abzustreiten; aber allzu theoretisch, wie auf dem Reißbrett gezeichnet, erscheinen oft die Figuren, die Situationen und Konflikte. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß Entscheidendes oft in langen und gelegentlich etwas trockenen Dialogen vermittelt wird, daß die Rückblenden in die Kindheit oft „Beleg-Charakter“haben, daß die Gestalt der Marianne in Anlage und Darstellung allzu sehr auf den Typus reduziert ist.“(Reclams Filmführer) Kino 46

C

Con Air USA 1997, R: Simon West, D: Nicolas Cage, John Malkovich

„Wer mitfliegt, zurre Sicherheitsgurt und Kotztüte fest, denn die neue machomanische Flugnummer von Produzent Jerry Bruckheimer („Top Gun“, „The Rock“) und Regisseur Simon West stürzt mit allen pyrotechnischen Schikanen ins cinematische Sommerloch. Selbst die Crew aus glanzvollen Charakterdarstellern hebt den Luftheuler kaum in höhere Schichten: Die Knackis Nicolas Cage, John Malkovich, Ving Rhames und Steve Buscemi gehören zu einer gefährlichen Flugschar, die in eine neue Hochsicherheitsanstalt verlegt werden soll. Die schweren Jungs entführen das fliegende Knastzimmer, und die Action-Apotheosen tosen. Ein, zwei Frauen sind auch an Bord, sie bringen, dramaturgisch nötig, das Element des Weiblichen ein – hormonell gesehen, reichen die häufigen Explosionen völlig.“(Der Spiegel) Ufa-Stern

D

Deutschland im Herbst Deutschland 1978, R: Fassbinder, Kluge, Schlöndorf u.a.

„Was wirklich geschehen ist im deutschen Herbst des Jahres 1977, in sieben Wochen voller Gewalt, Haß, Hysterie, Furcht, Ratlosigkeit und Trauer, zwischen den vier Morden von Köln und den drei Selbstmorden von Stammheim, läßt sich längst noch nicht sagen. Und der Film, den acht deutsche Regisseure über diesen Herbst gedreht haben, gibt auch nicht vor, eine objektive Chronik (oder gar Analyse) der Ereignisse zu sein. Er ist Ausdruck einer Erschütterung, mehr Reaktion als Reflexion, selbst ein Dokument der Ratlosigkeit. Daraus folgt: Deutschland im Herbst“ist kein „guter“Film, dafür ein wichtiger, in einzelnen seiner insgesamt 16 sehr unterschiedlich langen Kapiteln schlimm mißlungen, in anderen geeignet als Modell für eine Film-Arbeit der Zukunft. Von Angst handelt Rainer Werner Fassbinder in seinem Beitrag, der sehr schnell und spontan entstand. Eine Seite aus seinem Tagebuch, so uneitel und radikal von sich selber sprechend wie vorher nur in „Satansbraten“, physisch und psychisch nackt vor der Kamera von Michael Ballhaus, kotzend und heulend, feige und gewalttätig.“(Hans C. Blumenberg) Kino 46

Drugstore Cowboy USA 1989, R: Gus Van Sant, D: Matt Dillon, Kelly Lynch

„Ein junger Junkie und seine Clique stehen voll auf Drogen. Die nächste Spritze und der nächste Überfall auf eine Apotheke bestimmen den Alltag. Erst als sein ausgeprägter Aberglaube dem jungen Mann eine düstere Zukunft verheißt, wird zumindest für ihn der Ausstieg möglich. Doch die Drogen holen ihn auf eine ganz andere Art ein. Ein in Inszenierung, Fotografie und Darstellung herausragender „kleiner“Film, der konsequent aus dem Blickwinkel der Betroffenen berichtet. Mit Galgenhumor und Absurditäten gespickt, erzählt er die tragische Variante einer modernen Schelmengeschichte. Er betreibt keine Ursachenforschung, vermeidet Schuldzuweisungen und spiegelt so den Kreislauf der Abhängigkeit als von der übrigen Welt losgelöstes Leben.“(Lexikon des internationalen Films) Cinema

E

Ein Vater zuviel USA 1997, R: Ivan Reitman, D: Billie Crystal, Robin Williams, Nastassja Kinski

„Daß Robin Williams ein Ausnahmekomiker ist, steht außer Frage, ebenso Billy Crystal. Was aber passiert, wenn man diese beiden in einen Film steckt? Verderben zwei Spitzenköche den Comedybrei? Ivan Reitman gelingt das Kunststück mit seiner Vaterschaftsposse nach französischem Vorbild (“Zwei irre Spaßvögel“), allerdings nur so lange, wie Crystal ernst und Williams völlig verrückt spielt. Besonders anspruchsvoll ist das Gagmenü meist nicht.“(V.Bleeck) City

Es stirbt allerdings ein jeder Deutschland 1975, R: Renate sami

„Der Titel ist einem Brief entnommen, den Holger Meins aus dem Gefängnis an Manfred Grashof schreib. Meins starb 33jährig am 9.11. 71 während eines Hungerstreiks gegen die Isolation im Gefängnis. Es war sein letzter Brief. Der Film dokumentiert Ausagen über Holger Meins von sieben Personen, verknüpft mit Fotos und Filmausschnitten aus seiner Filmstudentenzeit 1966-68.“(Programmnotiz Kommunalkino) Kino 46

F

Face Off - Im Körper des Feindes USA 1997, R: John Woo, D: John Travolta, Nicolas Cage, Gina Gershon

„Gleich in der ersten Viertelstunde zündet Regie-Virtuose John Woo ein Action-Feuerwerk, das die Leinwand förmlich explodieren läßt. Was bei anderen Produktionen ein abendfüllendes Spektakel ergeben hätte, dient ihm allein zur Exposition seiner bizarren Story. Hongkong-Veteran Woo (“The Killer“) ist hier auf der Höhe seiner Kunst. Sein dritter amerikanischer Film funktioniert nicht nur als pyrotechnisches Knallbonbon, sondern auch als psychologisches Duell - unterstützt von brillanten Hauptdarstellern. Die schizophrene Atmosphäre sowie die starken Charaktere machen den ewigen Kampf Gut gegen Böse zum Kern eines meisterhaften Melodrams. Den Alptraum, in der Haut des meistgehaßten Feindes zu stecken, erzählt Woo konsequent zu Ende. Dabei nutzt der Regisseur Elemente seiner früheren Filme und inszeniert glänzend choreographierte Todesballette von makabrer Eleganz.“(Bremer) Schauburg

First Strike Hongkong 1996, R: Stanley Tong, D: Jackie Chan, Jackson Lou, Chen Chun Wu

„Hongkong-Cop Jackie muß sich diesmal im CIA-Auftrag mit der russischen Mafia herumschlagen. Handlung und Charakterzeichnung wirken rudimentär und dienen der Präsentation spektakulärer Action-Szenen. Die sind teilweise vom Feinsten, wie zum Beispiel der großartig choreografierte Kung-Fu-Fight des nur mit Besen und Leiter bewaffneten Helden gegen eine Übermacht knüppelschwingender Gegner.“(tip) UT-Kinocenter

Fräulein Smillas Gespür für Schnee Deutschland/USA 1996, R: Bille August, D: Julia Ormond, Gabriel Byrne, Vanessa Redgrave

„Smilla Jaspersen hält den Tod der sechsjährigen Jesaja nicht für einen Unfall und stellt Ermittlungen auf eigene Faust an. Dabei stößt sie auf zwielichtige Gestalten und dunkle Machenschaften. die Spur führt sie von Kopenhagen nach Grönland ins ewige Eis. Aus der anfangs bedrohlichen Stimmung wird in Bille Augusts Bestsellerverfilmung allzuschnell eine reine Kriminalgeschichte, in der Smilla nur noch von einer Entdeckung zur nächsten hastet. Bei soviel Aufdeckungseifer gehen die Geheimnisse und die Spannung schon bald verloren.“(tip) Gondel, Atelier, Passage (Del)

Das fünfte Element Frankreich 1997, R: Luc Besson, D: Bruce Willis, Gary Oldman, Ian Holm

„Wie das absolut Böse aussieht, wissen wir nicht. Nur einmal können wir seine Stimme hören. Jedenfalls bedroht es als riesige Feuerkugel die Erde. Das Böse hat einen fiesen Handlanger (Gary Oldman) auf Erden, dem sein Hitlerbärtchen an der Unterlippe klebt. Die Guten sind ein New Yorker Taxifahrer und das fünfte Element. Das ist – logisch – eine Frau. Sie kommt von einem fremden Planeten. Die Außerirdischen in diesem Film sind das Rührendste, was seit E.T. auf der Leinwand zu sehen war. Sie sehen aus wie Rhinozerosse, die aufrecht gehen. Besson hat sich keine Zukunft ausgedacht, er hat einfach die Gegenwart ein wenig weiter getrieben. Zwar können die Autos jetzt durch die Luft fahren, aber Verkehrsprobleme gibt es immer noch. Genau wie Zigaretten – nur daß die jetzt mehr Filter als Nikotin haben. Bessons Film ist ein Märchen, einem Indiana-Jones-Film ähnlicher als Tim Burtons zynischem „Mars Attacks“. Selbst Bruce Willis macht hier eine gute Figur.“(taz) Schauburg, City, Ufa-Stern, Gloria (Del), Casablanca (Ol), Solitaire (Westerstede)

Funny Games Österreich 1997, R: Michael Haneke, D: Susanne Lothar, Ulrich Mühe

„Michael Hanekes Film dauert 103 Minuten. So lange braucht es, bis zwei adrett in Weiß gekleidete junge Männer eine Familie massakriert haben. „Funny Games“, sagt Haneke, soll mit der Lüge aufräumen, daß Gewalt konsumierbar sei, Klassenziel erreicht. Trotzdem möchte man gerade in diesem Film mittendrin aufstehen und Big Daddys unsterbliche Worte in den Zuschauerraum brüllen: „Riecht ihr nicht den ekelhaften Gestank der Lüge?“. Die Wahrheit ist laut Haneke, daß das Publikum zwischen echter und inszenierter Gewalt nicht mehr unterschieden kann. Um diesem Irrtum abzuhelfen, zeigt er fast nie die Gewalt selbst, sondern das Leiden, das daraus folgt. Bis man schreiend aus dem Kino laufen möchte. Wäre nur unsere Erziehung der Grund für dieses Massaker, könnte man den Film als lächerliche Anmaßung abtun. Aber eben Hanekes Behauptung, das geschehe alles nur für uns, ist eine Lüge. Wo doch unübersehbar ist, welche Erleichterung es für ihn war, endlich der Familie - und das sind wir, das Publikum, - den Garaus zu machen.“(taz) City

H

Hangmen Also Die! USA 1942, R: Fritz Lang, D: Brian Donlevy, Walter Brennan / Originalfassung ohne Untertitel

„Nach dem Attentat auf Heydrich am 26. Mai 1942 versucht die Gestapo unter der Leitung des sadistischen Inspektors Ritter den Täter aufzuspüren. Die tschechische Widerstandsbewegung lenkt durch gefälschte Indizien und Zeugenaussagen den Verdacht auf einen Kollaborateur, der als vermeintlicher Mörder hingerichtet wird. Fritz Langs siebter Hollywoodfilm, an dem Bert Brecht zeitweise mitarbeitete, ist nach Aussagen des Regisseurs als „Kriegsbeitrag“gegen das faschistische Deutschland konzipiert und bedient sich der karikaturhaften Typisierungen des amerikanischen Propagandafilms der 40er Jahre. Zugleich schließt er jedoch an den Stil und die Motive früherer Lang-Filme an: Dr. Mabuse hat in Gestalt faschistischer Staatsterroristen die Macht übernommen. Lang will keine realistische Beschreibung geben, sondern ein nichtdeutsches Publikum auf den NS-Terror hinweisen.“(Lexikon des internationalen Films) Kino 46

Happy Together Hongkong 1996, R: Wong Kar-Wai, D: Leslie Cheung, Tony Leung Chui-wai

„Zwei so hübsche, so elegante und geschmeidige Burschen wie Leslie Cheung und Tony Leung gibt es im Kino nicht alle Tage: Hongkong-Popstars sind sie und überdies die umschwärmten Lieblingsschauspieler des umschwärmten Regisseurs Wong Kar-wai. Diesmal hat er sie zu einer amour fou angestiftet, die die beiden weit in die Ferne nach Argentinien treibt. Die Ferne erweist sich als feindlich, und während die Freunde sich in den schäbigsten Ecken von Buenos Aires durchhungern, verwandelt ihre Leidenschaft sich in eine Haßliebe, bei der die Fetzen fliegen. Wong gehört in diesen unterkühlten Tagen zu den letzten Filmemachern, die auf eine heiße, ungeschönt heftige Art von der großen Leidenschaft und ihren Qualen zu erzählen wagen. „Happy Together“, geradezu tollkühn von Drehtag zu Drehtag vor Ort improvisiert, ist ein erstaunliches filmisches Erzähl-Abenteuer, dem Astor Piazzollas Bandoneon die Zärtlichkeit gibt, die Dimension von Melancholie und Utopie.“(Der Spiegel) Filmstudio

Hunger Deutschland 1996, R: Dana Vavrova, D: Catherine Flemming, Kai Wiesinger, Christiane Hörbiger

„Nachdem schon einige Komödien des neueren deutschen Kinos an die Klamotten der 50er Jahre anzuknüpfen scheinen, so drängt sich nach „Hunger“die Vermutung auf, daß eine weiter Verbindung zwischen dem ganz jungen und dem ganz alten deutschen Film besteht: Der „Problemfilm“. „Hunger“ist das Portrait einer Frau, die an Bulimie leidet, die manisch in sich hineinfrißt, um es gleich danach wieder auszukotzen. Eigentlich das „richtige“Thema für eine psychologische Studie, doch schon das Setting in der Welt des jungen, gehobenen Mittelstandes, läßt erste Befürchtungen aufkeimen: Laura ist – was den sonst – Marketing-Chefin. Sie trifft auf Simon, einen – was den sonst? – Graffitikünstler, der ansonsten einen edlen Juwelierladen betreibt. Lauras Freßschübe hat Vavrova allzu effektvoll inszeniert: mit Weißblenden und kräftigen Bässen auf der Tonspur. Wer es mit Dana Vavrova, der Ehefrau von Joseph Vilsmaier und Hauptdarstellerin seiner Filme, böse meint, könnte finden, daß sie ihr Thema an die Stereotypen des neueren deutschen Films verraten hat. Tragischer aber noch wirkt der Umstand, daß die Introspektion in das Denken von Laura, das Wechselspiel von Innensicht und Außenwelt nicht funktioniert.“(epd-Film) Schauburg, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Apollo (Whv)

I

In Love and War USA 1996, R: Richard Attenborough, D: Sandra Bullock, Chris O'Donnell

„Richard Attenborough will nicht nur der Geschichte zeigen, was – ha! – eine richtige Harke ist, sondern auch der Literatur. 1918 zog Ernest Hemingway, gerade 18jährig, als Kriegsberichterstatter nach Italien. Er wurde schwer verletzt und verliebte sich in seine 26jährige Krankenschwester, auf deren Tagebüchern der Film beruht. „In Love and War“ist für mich das Schlimmste, was es überhaupt gibt, nämlich ein sogenannter „Ein-bißchen-Film“. Es herrscht ein bißchen Krieg, aber nicht zu doll, damit das Publikum nicht erschrickt, und manchmal ist jemand ein bißchen tot. Alles ist Dekor, nur Chris O'Donnells exorbitante Dämlichkeit als Schauspieler leider nicht. Als Hemingway ist er so geeignet wie ich es an Liz Taylors Stelle als Cleopatra gewesen wäre. Schade nur um Sandra Bullock, die mit ihrer Ernsthaftigkeit jedem noch so schlechten Film ein wenig Wärme einhauchen kann.“(Anke Westphal, taz) UFA-Stern / Originalfassung ohne Untertitel im UFA-Palast

In Sachen Liebe USA 1997, R: Griffin Dunne, D: Meg Ryan, Matthew Broderick

„Stellen Sie sich vor, Sie wären Regisseur. Wen würden Sie als deftige Mischung aus dem Rüpel-Mädel Tank Girl und der Hobel-Braut Barb Wire besetzen? Griffin Dunne, selbst Schauspieler, dachte für „In Sachen Liebe“um die Ecke. Er engagierte – nein! ja! – Kullerauge Meg Ryan. Eine kluge Entscheidung. Denn als Maggie, die ihren französischen Ex-Verlobten Anton zugrunde richtet, gibt Meg einen teuflisch bösen Rachengel ab. Zur Seite steht ihr herrlich naiv Matthew Broderick, dessen EX-Verlobte mit eben jenem Anton zusammenlebt. Daß bei dieser platonischen Interessengemeinschaft Liebesversehrter irgendwann die Gefühle purzelbaumschlagen, ist klar. Denn seit „Harry und Sally“wissen wir: Männer und Frauen können auf Dauer nicht nur Freunde sein. Was „In Sachen Liebe“sehenswert macht? Daß Griffin Dunne das Kunststück vollbracht hat, eine Liebeskomödie zu drehen, die hundsgemein ist. Und weil sie zeigt, daß uns enttäuschte Gefühle in grandiose Arschlöcher verwandeln.“(Cinema) UT-Kinocenter

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann - genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Gondel, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

K

Knockin' On Heaven's Door Deutschland 1997, R: Thomas John, D: Till Schweiger, Jan Josef Liefers

„Auch Lausbuben kommen manchmal in den Himmel; das Sterbenmüssen ist offenbar Strafe genug dafür, wie sie über die Stränge schlugen. Hier geht es also um zwei junge Kerle, die sich als ,Abnippel-Experten' verstehen dürfen: Jeder für sich hat soeben im Krankenhaus die Diagnose erhalten, daß sein letztes Stündlein nahe bevorstehe; doch da sie sich beide zu munter zur Verzweiflung fühlen, fassen sie gemeinsam Mut zu einem letzten Ausbruch ins nie gelebte Leben. Weithin, zugegeben, ist diese Actionkomödie ein recht kumpelhaftes Abenteuer, bei dem viele freundliche Frauen immer nur kurz hereinschauen. Doch eben diese Frauenferne bewahrt den Helden ihre Unschuld: Lausbuben sind und bleiben sie und also unwiderstehlich. Wer will schon beim Sterben der erste sein? Aber so heiteren Herzens sieht man Kinohelden nicht alle Tage zum Himmel fahren.“(Der Spiegel) UFA-Stern

Kolya Tschechien/Großbritannien 1996, R: Jan Sverak, D: Zdenek Sverak, Andrej Chalimon

„Garantiert überlegen in Hollywood schon etliche Produzenten fieberhaft, welchen ergrauten Superstar – Robert Redford? Jack Nicholson? – sie für ein Remake von „Kolya“begeistern könnten. Gefragt, worum es in der oscar-prämierten Tragikomödie aus Tschechien eigentlich geht, würden sie dann vermutlich im typisch knappen Hollywood-Jargon antworten: „Green Card“meets „Kramer gegen Kramer“. Der wegen politischer Mißliebigkeit kaltgestellte Prager Cellist Frantisek läßt sich auf eine Scheinehe mit einer Russin ein. Als seine Gatin in die BRD rübermacht, hat der Kinderhasser und notorische Casanova plötzlich ihren fünfjährigen Sohn Kolya am Hals. Die Tränendrüse wird nicht strapaziert, dennoch trifft der Film mitten ins Herz. Ohne billige Effekte und mit viel Humor. Ein echtes Juwel.“(Cinema) City, Apollo, Casablanca (Ol)

M

Der Malteser Falke USA 1941, R: John Huston, D: Humphrey Bogart, Mary Astor, Peter Lorre

„Regiedebüt John Hustons und einer der Filme, die Humphrey Bogarts Popularität begründeten. Legendärer stilbildender Film der „schwarzen Serie“, die er mitdefinierte, perfekt gebaut, bestechend gespielt, zynisch, pessimistisch und voller schwärzestem Humor, präzise in den Dialogen (die teilweise bei einem bogartbegeisterten Publikum zu Sprichwörtern geworden sind), beeindruckend in der Dichte der „schwarzen“Atmosphäre, die nicht zuletzt durch die Komposition von Licht und Schatteneffekten in der Tradition des deutschen Expressionismus erreicht wird. Verfilmung des Romans von Dashiell Hammett, der bereits vorher zweimal als Drehbuchvorlage diente.“(Lexikon des internationalen Films) Filmstudio

Maria Deutschland/Island 1997, R: Einar Heimisson, D: Barbara Auer, Rudolf Kowalski

„Einar Heimisson erzählt ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte. Dabei beruht das Drehbuch auf historischen Tatsachen: im Jahr 1949 suchte der isländische Bauernverband im Raum Lübeck weibliche Arbeitskräfte. Die Frauen mußten sich einem medizinischen Test unterziehen, denn nur Bewerberinnen rassischer Reinheit, guter Gesundheit und einwandfreien Vorlebens waren erwünscht. Daß sie in Wahrheit einen Heiratsmarkt organisierten, verschwiegen die Funktionäre. Dem Regisseur ist ein historisches Melodram von faszinierender Bildkraft gelungen. In einem Land, wo keine Wälder rauschen, sondern Vulkane rauchen und Geysire dampfen, wo das Wasser blubbert statt romantisch zu murmeln, hat Sigurdu Sverrir Palson hinreißende Naturmotive für seine Kameratotalen gefunden. Und mit Barbara Auer stand dem Regisseur eine Protagonistin zur Seite, die nicht einmal den Anflug einer Sentimentalität aufkommen läßt. Ihre Maria ist weder ein verklemmtes deutsches Fräulein noch eine „Veronika Dankeschön.“(epd-film) Cinema

Mary Poppins USA 1964, R: Robert Stevenson, D: Julie Andrews, Dick van Dyke

„Einer der schönsten Kinderfilme aller Zeiten: „Mary Poppins“ist als Musical so perfekt und originell wie kaum ein Anderes, mit einer zeitlosen Geschichte, guten schauspielerischen Leistungen, einer fehlerlosen Mischung von Realfilm und Zeichentrick, wunderschönen Liedern und einem Drehbuch, das all den Charme der Buchvorlage in die Adaption hinüberettet. Wenn ihre Gouvernante aus der Luft mit dem Regenschirm als Fallschirm heruntergleitet, wissen die Kinder gleich, daß dies kein normales Kindermädchen ist. Sie führt sie durch eine Reihe von abenteuerlichen Eskapaden, um ihnen so ganz nebenbei gutes Benehmen beizubringen. So reisen sie in eine Welt, die mit animierten Pinguinen bevölkert ist, die Tee auf einem Karussell voller bockiger Pferde servieren.“(James Monaco) Gondel

Men in black USA 1997, R: Barry Sonnenfeld, D: Tommy Lee Jones, Will Smith, Linda Fiorentino

„M.I.B. ist ein unprätentiöser Film, der im Kleinen Größe zeigt – also das genaue Gegenteil von Luc Bessons Das fünfte Element. Er läßt dem Zuschauer Zeit, die Vielfalt der Aliens zu bestaunen. In schönster B-Film-Tradition kommt M.I.B. gleich in der ersten Szene zur Sache, wenn die Grenzpolizei in New Mexico einen LKW anhält, voll mit illegalen Einwanderern – „illegal aliens“, wie es doppeldeutig im Englischen heißt, von denen einer tatsächlich ein Außerirdischer ist. Dessen Enttarnung bleibt allerdings zwei plötzlich auftauchenden M.I.B. vorbehalten, die den Grenzverletzer leider erschießen müssen. Da staunen die Grenzpolizisten nicht schlecht, aber nur solange, bis M.I.B.-Agent K. ihr Kurzzeitgedächtnis mit einem Blitz aus seinem Zauberstab löscht. Seit 1962 sind die Aliens unter uns, erfahren wir. Manhattan ist das Tor zu unserer Welt, wo fortwährend intergalaktische Flüchtlinge eintreffen. Daß die Menschheit nichts davon weiß, ist das Verdienst dieser Behörde, die jeden Neuankömmling genau unter die Lupe nimmt, Aufenthaltsbeschränkungen ausspricht und Kriminelle jagt.“(epd) UT-Kinocenter, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen), Solitaire (Westerstede), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol) / UFA-Palast auch in englischer Originalfassung

Miel et cendres (Honig und Asche) Tunesien 1996, R: Nadia Fares, D: Nozha Khouadra, Amel Ledhili / Originalfassung mit Untertiteln

„Drei Frauen unterschiedlichen Alters in einem nordafrikanischen Land, möchten ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Kunstvoll verknüpft die Regiseurin Nadia Fares ihre Schicksale. Durch Montage und fließende Übergänge werden die Geschichten so miteinander verwoben, daß die Gegenwart der jüngsten Frau die Vergangenheit der Ältesten sein könnte. „Honig und Asche“ist in einem muslimischen Land angesiedelt, doch könnte der Film überall auf der Welt spielen, wo patriarchische Strukturen dominieren: handelt er doch von der Herrschaft von Männern über Frauen, deren Aufbegehren gegen das Eingeschlossensein, und immer wieder von den Orten ihrer Ausgrenzung, den Wohnhäusern, Internaten, Bordellen und Gefängnissen.“(Die Jury der evangelischen Filmarbeit empfiehlt) Kino 46

Mrs. Dalloway GB/NL 1997, R: Marleen Gorris, D: Vanessa Redgrave

„Vanessa Redgrave kann das: mit allen Wassern des Irdischen gewaschen und doch melancholisch entrückt aussehen, die spröde Kluge spielen und zugleich eine Aura von Geheimnis verbreiten, anwesend und abwesend in einem sein. Wenn Marleen Gorris' Verfilmung von Virginia Woolfs Roman „Mrs. Dalloway“eines hat, dann ist es die perfekte Hauptdarstellerin. Es ist eine riskante Unternehmung, im Grunde die Quadratur des Kreises: einen Roman zu verfilmen, dessen Handlung (fast) nichts, dessen Sprachgewalt und Innenweltschau aber (fast) alles sind. Die Schnittmenge aus Film und Buch bilden vor allem die sensibel geschilderten Sinneneindrücke und das die innere Befindlichkeit spiegelnde – und beeinflussende – äußere Leben. Erzählt wird ein Tag im Leben einer Frau der englischen Oberklasse, die morgens durch London schlendert und abends eine Party gibt.“(epd) Atelier, Cinema

N

Napoleon - Abenteuer auf vier Pfoten Australien 1995, R: Mario Andreacchio

„Der Golden Retriever-Welpe namens Napoleon erlebt aufregende Abenteuer in der wilden Natur Australiens. Ein faszinierender Tierfilm - hätte man auf die Musik gesetzt, den Tieren keine Stimmen ins Maul gelegt und statt dessen einen Erzähler genommen. Doch so verliert die wunderbar inszenierte Geschichte ihren besonderen Zauber.“(tip) Atlantis

Noch einmal mit Gefühl USA 1997, R: Carl Reiner, D: Bette Midler, Dennis Farina

„Wenn die Eltern geschieden sind und zur Hochzeit der einzigen Tochter geladen werden, sollte man annehmen, daß beide sich zusammenreißen. Doch als Molly erfährt, daß Bräutigam Keith ihre seit zwölf Jahren geschiedenen Eltern eingeladen hat, muß sie das Schlimmste befürchten. Denn sie weiß, daß ihre exaltierte Mutter und ihr nicht minder heißblütiger Vater keine Gelegenheit auslassen werden, einander fertigzumachen. Es ist alles ganz amüsant und auch durchaus überraschend, was Comedy-Veteran Carl Reiner hier im doppelten Sinne anrichtet. Doch neben dem Powerpaar Bette Midler/Dennis Farina verblaßt die restliche Besetzung. Und nicht zuletzt wegen Bette Midler wirkt das Ganze wie eine umgedrehte Version der Racheengelsaga „Der Club der Teufelinnen“. Und das ist gar nicht gut.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter

P

Pünktchen und Anton Deutschland/Österreich 1953, R: Thomas und Erich Engel, D: Sabine Eggerth, Peter Feldt

Kästners Kinderroman von der Freundschaft zwischen einem Mädchen aus reichem Haus und einem Jungen, der für seine arme, kranke Mutter sorgen muß, in einer Verfilmung aus den fünfziger Jahren. Das Rowohlt Filmlexikon bemängelt, daß „der pädagogische Gehalt des Buches etwas zu kurz kommt“, und „der gesellschaftliche Hintergrund unscharf wirkt.“Vielleicht ist der Film dann ja doch nicht so muffig wie befürchtet. (hip) Kino 46

S

Der Schatz der Sierra Madre USA 1947, R: John Huston, D: Humphrey Bogart, Walter Huston, Tim Holt, John Huston

„Spannender Abenteuerfilm nach einem Roman von B.Traven: Drei heruntergekommene amerikanische Abenteurer schürfen in Mexiko in der heißen Sierra Madre gemeinsam nach Gold. Als sich der Erfolg einstellt, wachsen Mißtrauen, Besitzgier und Neid, so daß der gewonnene Schatz schließlich in alle Winde zerrinnt. Ein Klassiker des Abenteuergenres, der exemplarisch das Scheitern des Bemühens um sicheren materiellen Besitz schildert. Walter Huston - Vater des Regisseurs - in seiner besten Rolle, als alter Golddigger Howard, bei der letzten Zusammenarbeit mit dem Sohn.“(Lexikon des internationalen Films) Atelier

Sling Blade USA 1996, R: Billy Bob Thorton, D: Billy Bob Thorton, Lucas Black

„Der merkwürdige, zart und eigenwillig erzählte Bildungsroman des fast 40jährigen Kindskopfes Karl Childers schildert die Gutwilligkeit der Leute, die dem ungeselligen Gesellen ins Leben zu helfen versuchen; er führt vor, daß auch der Dümmste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt; und er zeigt unheimlich suggestiv, wie aus Gewalt Gewalt entsteht. Die Erfindung der Figur, ihre Verkörperung und ihre Geschichte sind höchst eigenartig. Seit gut einem Dutzend Jahren ließ ein bislang kaum auffällig gewordener Typ aus dem hinterwältlerischen Arkansas mit dem Namen Billy Bob Thorton die rührende Monsterfigur des unschuldig-schuldigen Muttermörders in sich heranreifen. Der Hinterwäldlerfilm, mit Freundeshilfe und Gastauftritten für nur eine Million Dollar inszeniert, erwies sich in Hollywod als Außenseiter-Ereignis der Saison. Die Intimität der Geschichte wie ihre streng stilisierte Erzählweise wirken eindringlich nach. Vielleicht wird „Sling Blade“(wie etwa Charles Laughtons „Die Nacht des Jägers“) etwas Einmaliges bleiben: Man bringt dergleichen nur zustande, wenn man den Kopf dazu hat, durch die Wand zu gehen. „Sling Blade“ist ein Märchen, und es erzählt, daß man dem Bösen, wenn es sein Haupt erhebt, mit der Siegesgewißheit eines Kindes entgegentreten kann.“(Der Spiegel) Gondel, Casablanca (Ol)

Speed 2 USA 1997, R: Jan De Bont, D: Sandra Bullock, Jason Patrick, Willem Dafoe

„Wie erfrischend sauste doch in die dröge Kinosaison 1994 „Speed“hinein: Ein Action-Thriller von schnörkelloser Eleganz, klar, scharf, plausibel. Und dazu das ansteckemd meckernde Lachen von Sandra Bullock! Die Fortsetzung mag wegen des Erfolges unvermeidlich gewesen sein, doch sie muß ohne den Herzbuben Keanu Reeves auskommen und auch ohne den cleveren Autor Graham Yost. So hat Regisseur Jan De Bont selbst eine neue Story ausgeheckt, die als Super-Bomben-Leger, o je, o je, wieder mal einen größenwahnsinnigen Computerfreak aufbietet und als Schauplatz einen Kreuzfahrtdampfer. Da es von der Höhe der Kommandobrücke bis hinab in die Eingeweide der Maschinerie furchtbar viel herumzuhebeln gibt, kommt bald der Überblick abhanden.“(Der Spiegel) UFA-Stern

Susi und Strolch USA 1955, R: Hamilton Luske, Glyde Geronimi, Wilfried Jackson

„Eine verwöhnte Cockerdame verliebt sich in einen sympathischen Straßenköter, Gefühl- und humorvolle Hundeabenteuer in einem Zeichentrickfilm Walt Disneys, der den Tieren rein menschliche Eigenschaften und Reaktionen unterstellt. Liebenswürdige Unterhaltung für Jung und Alt.“(Lexikon d. Intern. Films) Schauburg, UT-Kinocenter, Apollo

V

Vergessene Welt USA 1997, R: Steven Spielberg, D: Jeff Goldblum, Julianne Moore, Arliss Howard

„Steven Spielbergs Fortsetzung des Blockbusters „Jurassic Park“von 1993 ist unverkennbar das Produkt eines meisterlichen Handwerkers. Auf seiner zweiten Reise in das Land der Dinosaurier verzichtet der Regisseur auf die ehrfurchtvolle Ernsthaftigkeit, die seinen Stil im ersten Film fossilisierten, und ersetzt sie mit flotten Jahrmarktsattraktionen und einem neckenden, selbstironischen Ton. Er spielt mit unserer Begierde danach, von seinen mechanischen Monstern erschreckt zu werden, und manipuliert uns dabei so mühelos, daß wir über die Primitivität unserer Reaktionen zu lachen beginnen. Er arbeitet hier wie ein großartiger Gagman, der frei mit den klassischen Abenteuermotiven spielt (darunter ein „cliffhanger“im wahrsten Sinne des Wortes).“(The New Yorker) Europa, UFA-Stern, UT-Kino, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

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