■ Schnittplatz
: Kreise über Karlsruhe

Die Privatfunklobby haut gerne mal auf den Putz. Am liebsten Jürgen Doetz, Sat.1-Chef und Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT). Das Spielchen läuft so: Erst stellen ARD oder ZDF ein neues Angebot wie den Kinderkanal oder das ZDF-Online-Projekt vor und bums!, schon schimpft Doetz über „Marktverstopfung öffentlich-rechticher Gebührenmonopolisten“, die es zu begrenzen gelte. Große Angst müssen ARD und ZDF vor derlei Frontalangriffen nicht haben, denn das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe pochte stets auf eine Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und, so meckern VPRT- Leute wie Markus Schöneberger von RTL, „die Informationsleistung der Privaten“ werde in den Urteilssprüchen nicht berücksichtigt. ARD und ZDF sollten sich gefälligst auf ihren „Kultur- und Bildungsauftrag“ besinnen: „Der Grundversorgungsbegriff wird ja gedehnt wie ein Kaugummi.“

Die ARD-ZDF-Freundlichkeit in Karlsruhe mag der Grund dafür sein, daß Doetz nun weiter gegangen ist. Bei der derzeitigen Zusammensetzung des zuständigen Senats, so näselte er am Wochenende auf Nordbadisch-Pfälzisch in einem WDR-Interview, „werden wir mit unserer Diskussion nicht sehr weit kommen, und deswegen wollen wir das Bundesverfassungsgericht einkreisen“. Man setze darauf, „daß auch die Richter erkennen, daß sie mit ihrer bisherigen Rechtsprechung falsch liegen“.

Doetz' Schlachtruf zeigt: Im Kopf des 52jährigen tobt noch der alte Kampf zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen und kommt nun als Richterschelte aus dem Mund. Ob die harte Linie des Lobby-Chefs zieht oder zur Unglaubwürdigkeit führt, fragen sich angesichts solch frecher Töne auch Privatfunkvertreter. Die Mehrheit steht zwar noch auf das Kettenrasseln ihres Präsidenten. Aber, meint einer, es gebe „verschiedene Formen, wie man sich einem Thema nähert“. Ein anderer VPRT-Mann sagt ironisch, „Strategie und Taktik“ müßten wohl überlegt sein. Indessen prallte am Bundesverfassungsgericht die „Einkreisung“ des Jürgen Doetz ab: „Kein Kommentar“, hieß es von dort.Georg Löwisch