"Unser Vorschlag ist demokratischer"

■ Der italienische UNO-Botschafter in New York, Francesco Paolo Fulci, erläutert die Vorstellungen seines Landes für eine Reform des Weltsicherheitsrates und begründet, warum er gegen einen Sitz für Deut

taz: Italien wendet sich gegen die Schaffung ständiger Sitze im Weltsicherheitsrat für Deutschland oder andere Länder. Außerdem hat Ihr Land einen Vorschlag eingebracht, der die Erweiterung des obersten UNO-Gremiums um lediglich sechs bis zehn nichtständige Mitglieder vorsieht, die von den regionalen Ländergruppen nominiert und von der Generalversammlung mit Zweidrittelmehrheit für zwei oder vier Jahre gewählt werden sollen. Warum?

Paolo Fulci: Unser Vorschlag ist aus zwei Gründen demokratischer als alle anderen Modelle. Wenn neue ständige Mitglieder in den Rat aufgenommen werden, schmälert dies den Einfluß der Generalversammlung. Aber wenn ein Staat sich alle zwei oder vier Jahre zur Wahl stellen muß, wird er sich vor der Generalversammlung tatsächlich für seine Handlungen verantworten müssen und eben möglicherweise nicht wiedergewählt.

Zum zweiten sieht unser Vorschlag ein Nominierungsverfahren in den Ländergruppen vor, bei dem auch kleinere Staaten endlich einmal eine Chance haben. Seit 1945 waren außer den fünf ständigen Ratsmitgliedern von den übrigen 180 UNO-Staaten 77 noch nie im Rat, 49 nur zweimal, bestimmte regionale Großmächte wie Japan, Ägypten, Brasilien oder Kanada aber schon fünf bis achtmal.

Was spricht gegen neue ständige Ratsmitglieder, wenn diese von der Generalversammlung mit mindestens Zweidrittel-mehrheit bestimmt würden?

Das würde die Atmosphäre zwischen den Staaten in den Ländergruppen der UNO vergiften. Nehmen Sie das Beispiel der westlichen Gruppe. Hier ist Deutschland ein Kandidat. Aber da sind Länder wie Italien, Kanada, Spanien oder die Türkei, die nicht sehr begeistert wären, wenn einer von uns gleicher wird als die anderen. Dasselbe gilt für die Regionalgruppen Asien, Afrika und Lateinamerika, aus denen jeweils drei Staaten Interesse an einem ständigen Ratssitz angemeldet haben.

Ist angesichts des Zusammenwachsens Europas, aber auch anderer Weltregionen, das Modell nationalstaatlicher Vertretungen im Sicherheitsrat überholt?

Wir in Italien glauben ganz fest an Europa. Und wir haben die Sorge, daß ein dritter ständiger Sitz eines europäischen Staates neben Frankreich und Grßbritannien es viel schwieriger machen würde, eines Tages einen gemeinsamen europäischen Ratssitz zu bekommen. Wir streben eine gemeinsame europäische Währung an. Wir hoffen, daß es eines Tages eine gemeinsame europäische Diplomatie und Außenpolitik geben wird sowie eine europäische Delegation hier bei der UNO. Das ist der Weg den wir gehen sollten, anstatt durch das Streben nach einem ständigen Ratssitz für Deutschland Hindernisse auf diesem Weg zu schaffen. Interview: Andreas Zumach