Israels Regierungschef hat ein neues Problem

■ Siedler weigern sich, zwei besetzte Häuser in Jerusalem zu verlassen

Jerusalem (taz) – Die israelische Regierung steht vor einer neuen Zerreißprobe. Die Besetzung zweier Häuser im arabischen Viertel Ras al-Amud in Ost-Jerusalem durch israelische Siedler konnte auch gestern nicht gelöst werden. Das israelische Armeeradio hatte am Morgen gemeldet, daß ein Kompromiß zwischen Siedlern und Regierung erzielt worden sei. Danach würden die Siedler „vorläufig“ auf ihr Wohnrecht verzichten und die Häuser räumen. Anschließend sollten zehn Religionsstudenten die Häuser „bewachen“. Nach Angaben des Senders „Stimme Israels“ weigern sich die Siedler jedoch grundsätzlich, den Ort zu verlassen.

Der Besitzer der Häuser, US- Millionär Irving Moskovitz, machte gestern eine Eingabe beim Obersten Gericht, die der Regierung eine gewaltsame Räumung der Häuser verbieten soll. Das gesamte Spektrum der religiösen und rechtsgerichteten Parteien hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ebenfalls vor einer Räumung gewarnt und mit einer Regierungskrise gedroht.

Netanjahu, dem Sympathie für die Siedler nachgesagt wird, hatte die Besetzung der Häuser zum jetzigen Zeitpunkt als „nicht gut für Jerusalem und nicht gut für Israel“ bezeichnet.

Er steht jetzt vor der schwierigen Aufgabe, seine ultraorthodoxe und nationale Klientel zufriedenzustellen und gleichzeitig US-Außenministerin Madelaine Albright nicht zu verärgern, die die israelische Siedlungspolitik bei ihrem Besuch in der vergangenen Woche kritisiert hatte. Ohne eine allseits akzeptable Lösung dürften auch die vorgesehenen Verhandlungen mit den Palästinensern in Washington zum Scheitern verurteilt sein.

Die palästinensische Erziehungsministerin Hanan Ashrawi lehnte den Kompromißvorschlag der israelischen Regierung ab. „Dies ist kein Kompromiß. Die Frage der Siedlungen muß grundsätzlich und ein für allemal gelöst werden“, erklärte sie.

Eine Sprecherin der Siedler, die die Häuser am Sonntag abend besetzt hatten, erklärte, als nächstes würden die Siedler einen Raum zur Synagoge erklären, dann weitere Häuser übernehmen und schließlich das gesamte Viertel in eine jüdische Nachbarschaft verwandeln. Dies sei das „übliche Vorgehen“. Georg Baltissen