Fahrverbot als Strafe ist umstritten

■ SPD-Gesetzentwurf will Führerscheinentzug nur bei Delikten, die mit dem Auto zu tun haben. Neue Diskussion

Freiburg (taz) – Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) ist dagegen, das Fahrverbot als neue Allzwecksanktion im Strafrecht einzuführen. „Das wirft gravierende Probleme der Gleichbehandlung auf, schließlich hat nicht jeder einen Führerschein“, erklärte ein Sprecher des Ministers gestern gegenüber der taz. PolitikerInnen von SPD, CDU und Grünen hatten sich zuvor jedoch positiv zu diesem Vorschlag geäußert.

Über die Einordnung des Fahrverbotes im strafrechtlichen Sanktionssystem wird schon seit einigen Jahren diskutiert. Derzeit spielt der Führerscheinentzug nur eine Rolle im Hinblick auf autospezifische Delikte. So kann die Fahrerlaubnis als präventive Maßregel auf Dauer entzogen werden, wenn die TäterIn den Straßenverkehr gefährdet hat oder betrunken gefahren ist. Außerdem ist ein Entzug bis zu drei Monaten als Nebenstrafe möglich, wenn bei einer Straftat ein Auto eine Rolle gespielt hat, etwa wenn ein Dieb mit dem Pkw zum Tatort gefahren ist.

Schon beim Juristentag 1992 in Hannover plädierte jedoch der Nürnberger Generalstaatsanwalt Heinz Stöckel dafür, das Fahrverbot zur Allzweckwaffe im Strafrecht aufzuwerten, es also auch als Sanktion bei Ladendiebstählen, Betrugstaten oder Körperverletzung zu verhängen. Die einflußreiche juristische Versammlung lehnte dies ab und empfahl als Reform nur eine „kleine Lösung“. Das Fahrverbot sollte bei Taten mit Autobezug zur Hauptstrafe werden, also nicht neben Freiheits- oder Geldstrafe stehen, sondern statt dessen verhängt werden.

Diesen Impuls des Juristentags nahm die SPD-Bundestagsfraktion schon 1993 in einem Gesetzentwurf auf. Damals ging es vor allem um eine Diversifizierung der Sanktionsmöglichkeiten. Um sozialschädliche Haftstrafen zu vermeiden, sollte in autobezogenen Fällen auch ein Fahrverbot als alleinige Strafe verhängt werden können.

Neuen Schwung bekam die Diskussion erst am 8. September bei einer Anhörung des Bonner Rechtsausschusses. Zur Diskussion stand auch der 1996 erneut eingebrachte SPD-Gesetzentwurf. Wieder war Heinz Stöckel mit von der Partie, und wieder forderte er, das Fahrverbot als Allzweckstrafe für Klein- und Mittelkriminalität einzuführen. „Geldstrafen werden heute doch vielfach aus der Westentasche oder von Bekannten des Täters bezahlt, während ein Fahrverbot wirklich schmerzt“, erklärte Stöckel.

Beeindruckt zeigte sich insbesondere die SPD-Rechtspolitikerin Herta Däubler-Gmelin und präsentiert seither den SPD-Gesetzentwurf so, als sei Stöckels Forderung dort schon berücksichtigt. Ob dies allerdings geschickt war, wird sich zeigen. Denn nachdem die griffige Forderung Stöckels spontan auf breite Zustimmung stieß (auch der CDU-Abgeordnete Heinz Eylmann und der Grüne Manfred Such äußerten sich positiv), werden nun die skeptischen Stimmen immer lauter.

Axel Nagler, Vorsitzender der Strafverteidigervereinigung NRW, kritisiert: „Das Fahrverbot als unspezifische Sanktion regt den Täter genausowenig zu einer Auseinandersetzung mit seiner Tat an wie bisher Gefängnis und Geldstrafe.“

Auch Rüdiger Deckers vom Deutschen Anwaltsverein will das Fahrverbot auf autospezifische Delikte beschränken. Gemeinsam fordern die Experten, über das System der strafrechtlichen Sanktionen grundsätzlich nachzudenken. Christian Rath