Freisprüche im Prozeß um prügelnde Polizisten

■ Nur drei von 16 angeklagten Berliner Polizisten wurden wegen Strafvereitelung im Amt verurteilt. Beweis für Körperverletzung konnte nicht erbracht werden

Berlin (taz) – Die Reihen der Berliner Polizei sind fest geschlossen, wenn es gewalttätige Kollegen zu schützen gilt. Dies zeigte der Prozeß gegen 16 Beamte wegen Körperverletzung im Amt. Gestern erging das Urteil. Die Richter befanden nur drei für schuldig. Einer wurde wegen Strafvereitelung zu sechs Monaten Haft verurteilt, ein anderer zu 4.500 Mark, der dritte verwarnt. Die übrigen Angeklagten waren teils schon Anfang September freigesprochen worden.

Von der Anklage wegen Übergriffen auf Festgenommene im Zeitraum zwischen Oktober 1993 und Mai 1994 ist damit kaum etwas übriggeblieben. Daß am Ende niemand wegen Körperverletzung verurteilt wurde, heißt aber nicht, daß es sie nicht gab. Richter Hagen Sendt: „Das Gericht hat keinen Zweifel daran, daß Übergriffe stattgefunden haben.“ In dem angeklagten 1. Zug der Direktionshundertschaft habe „ein so schlimmer Korpsgeist“ geherrscht, „daß Straftaten passieren konnten, ohne angezeigt zu werden“. Nach dem Motto, den letzten beißen die Hunde, seien zum Schluß nur diejenigen verurteilt worden, „die am wenigsten damit zu tun hatten“.

Hauptbeweismittel waren die Aussage des 23jährigen Polizeimeisters Christian M. sowie ein privater Videofilm, den ein Polizist von einem Einsatz in der Silvesternacht 1993/94 gedreht hatte. Auf die Aussage von Christian M., der von zahlreichen Übergriffen berichtet hatte, mochte sich das Gericht nicht stützen. Der Grund sei aber nicht, daß M., wie von der Verteidigung behauptet, ein „unglaubwürdiger Spinner“, sondern daß er von der Situation völlig überfordert gewesen sei. Er sei im Ermittlungsverfahren „vollkommen alleingelassen worden“. Statt ihn auf die Widersprüche in seinen Aussagen hinzuweisen, hätten Kripobeamte diese einfach „so stehenlassen“. Sendt verwies darauf, daß die auf den Zuschauerbänken sitzenden Polizeikollegen M.s Aussage mit einem „makabren Gelächter“ kommentiert hätten. Auch die auf dem Videofilm zu sehenden gewalttätigen Übergriffe seien keinem der Angeklagten zuzuordnen gewesen.

Dieser Film war im Direktionszimmer des 1. Zuges der versammelten Mannschaft vorgeführt worden. Ein Zeuge hatte erklärt, daß die gewalttätigen Szenen mehrfach vor- und zurückgespult und mit „Geil“-Rufen bedacht worden waren. Das Gericht verurteilte aber nur drei der Angeklagten wegen Strafvereitelung, weil sich der Rest darauf berufen hatte, den Raum bei der Vorführung verlassen zu haben. „Jeder weiß, daß es nicht so war“, sagte Sendt, „aber der Beweis dafür konnte nicht erbracht werden.“ Plutonia Plarre