Kaufrausch ökologisch

■ Das größte Recycling-Kaufhaus Deutschlands öffnet heute in Mannheim

Mannheim (taz) – Gehämmere und Gesäge bis zur letzten Sekunde und seit heute morgen Gesänge und Festreden – die Eingänge zum „Markthaus“, dem ersten großen Öko-, Secondhand- und Recycling-Kaufhaus Deutschlands in Mannheim-Neckarau, sind seit 9 Uhr für die Kunden geöffnet. Und der Ausgang ist offen, sagt Geschäftsführer Thomas Weichert: „Das ist nur der Beginn von all dem, was wir noch tun wollen.“

7.000 Quadratmeter Fläche, 4.000 davon für den Verkauf, warten auf umweltbewußte KäuferInnen aus allen Einkommensschichten. Die Produktpalette ist eine bunte Mischung. Gebrauchte Möbel, reparierte Waschmaschinen und Fahrräder und eine Änderungsschneiderei stehen zur korrekten Wiederverwertung gebrauchter Produkte bereit.

Behindertenwerkstätten produzieren für die Spielwarenabteilung. Billiger als anderswo sollen die aufgekauften Restbestände aus Fabriken und Großhandel in der Bücher- und der Haushaltswarenabteilung sein. Die Textilien, auch die ökologisch hergestellten einer Schweizer Firma, Shop im Shop, sind nagelneu und modisch.

Die Lebensmittelabteilung wird vor allem von ökologischen Betrieben aus der Region beliefert. Hier soll auch dem Trend, so Weichert, zum „Marktsegment Tiefkühlkost für eilige Singles“ Rechnung getragen werden. Die Streuung der Zielgruppen ist Konzept. Wichert: „Manchmal geht es bei uns auch ein bißchen überkandidelt versnobt zu.“

Luxus aus der Papierbranche kommt im Herbst ins Programm, wertvolle Türen und Eichenbalken aus Altbauten für den anspruchsvollen Häuslebauer stehen schon zum Verkauf. Das Projekt in einer ehemaligen Halle der Siemens AG ist aus einer Kooperation zwischen Arbeitsamt, Landeswohlfahrtsverband und der Sponsoren Daimler- Benz, Siemens und, ein Novum, der Gewerkschaft für Handel, Banken und Versicherungen (HBV) entstanden. Getragen wird es vom Gemeinschaftswerk „Arbeit und Umwelt“ und der Biotopia e.V. Es schafft für vorerst nicht ganz zwei Jahre 6 feste und 35 befristete Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose. 20 Prozent der Kosten muß es im ersten Jahr selbst erwirtschaften, Tendenz steigend.

Die Kultur gibt es im Markthaus gratis. In der kommenden Woche beginnt eine Ausstellung junger Künstler zum Thema „Konsumterror“. Dazu soll eine Playback- Band Janis Joplins „Mercedes- Benz“ intonieren. Heide Platen