Bremsversuche für global rasendes Kapital

■ Professoren schlagen Steuern für Devisenhandel und Warenverkehr vor

Frankfurt/Main (taz) – Zur schlichten Erkenntnis, daß Money makes the world go around, brauchte es am Wochenende eines echten New Yorker Pofessors. Der Ökonom Robert Guttmann von der Hofstra University formulierte während des Kongresses „Globlisierung und die Spielräume sozialökologischer Wirtschaftspolitik“ in Frankfurt am Main knapp: „Unser Wirtschaftssystem dreht sich im Kern um Geld.“ 80 Prozent des Weltkapitals zirkulieren inzwischen in nichtproduktiven Bereichen.

„Geld fließt im PC, es ist staatenlos und kennt keine physikalischen Grenzen mehr.“ Cyber- Cash aber, Geld, das sich fiktiv und vernetzt selber heckt, so Guttmann, unterliege keiner Kontrolle mehr und gefährde die Stabilität der Wirtschaftssysteme. Die „perverse Selbstfütterung“, mit der sich das Finanzkapital global von den Preisschwankungen ernähre, führe wiederum zu größeren Krisen.

Guttmann nahm die deutsche Befindlichkeit auf, die fast 200 BesucherInnen auf der Suche nach Antworten in den vollbesetzten Saal im Frankfurter Bahnhofsviertel gelockt hatte. Er sah „ein Land, in dem sehr viel Angst ist“ und das „in einer gewissen Starrheit“ verharre. Auf bundesdeutsche Standortdebatte und Lohnverzicht mochte er sich gar nicht erst einlassen. Drohungen der Abwanderung dienten den Konzernen nur dazu, die Politiker zu erpressen: „Sinkende Löhne erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit nicht.“

Welthandel finde, so sein Berliner Kollege Elmar Altvater, ohnehin zu 80 Prozent zwischen den wohlhabenden Nationen statt, deren Lohn- und Preisniveau für die ebenfalls weltweit zirkulierenden Waren sich längst angeglichen habe. Er regte zum Nachdenken über eine Steuer an, die nicht mehr die Ware selbst, sondern deren Bewegungen rund um den Erdball besteuere. Der Transport schlage bisher zum Beispiel bei einer Flasche Wein „aus Südafrika, Kalifornien oder Chile“ nicht zu Buche, die Preise aber, so Altvater, „müssen die Wahrheit sagen“. Außerdem sei sein Modell von der Transportsteuer „auch ökologisch gut“ und fördere zudem parallel zu den weltweiten die gerade in Europa noch immer vorhandenen regionalen Märkte.

Ungehemmte Spekulation lasse sich, so Guttmann, auch durch die weltweite, einheitliche Besteuerung von Weltwährungstransaktionen eindämmen. Dies greife aber nur, wenn die nationalen Währungen, zu denen er auch den künftigen Euro zählte, durch Weltgeld ersetzt würden. Nebenbei verwarf er Modelle, die Firmenbeteiligungen von Arbeitnehmern als Allheilmittel propagieren. In den USA führe dies mittlerweile dazu, daß die rapide Zunahme der Inhaber von Pensionsfonds und gnadenlos auf Rendite versessene Kleinaktionäre die Situation der Arbeitnehmer in den Betrieben noch verschärfe.

Den Unmut des Auditoriums zog sich der Kölner Professor Johann Eekhoff zu, als er den Deutschen einfach mehr Arbeit verordnete, weil das „in schwierigen Zeiten“ bisher noch immer geholfen habe. Die von den Veranstaltern, der Hessischen Gesellschaft für Demokratie und Ökologie, der Heinrich-Böll-Stiftung und der taz anvisierten sozialen und ökologischen Aspekte der Weltwirtschaft waren bei dieser zweiten Tagung der Reihe „Spiel ohne Grenzen“ in Frankfurt noch wenig Gegenstand der Diskussion. Heide Platen