Mit AKW-Gegnerin gegen absoluten Schröder

■ Niedersachsens Grüne wählen Rebecca Harms, die frühere Vorsitzende der BI Lüchow-Dannenberg, zur Spitzenkandidatin bei den kommenden Landtagswahlen

Hannover (taz) – Schon im ersten Wahlgang gewann Rebecca Harms mit 112 zu 50 Stimmen gegen die Parteilandesvorsitzende Meta Janssen-Kucz. Auf einem Parteitag in Oldenburg setzte sich Harms am Sonnabend bei den 166 Delegierten durch. In ihrer Rede griff Harms den niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder scharf an. Die dumpfen ausländerfeindlichen Parolen des SPD-Politikers seien genauso alt wie dessen Methoden. Schröder inszeniere den Ruf nach dem starken Mann und habe dabei den groben Besen bereits in der Hand.

Die prominente AKW-Gegnerin und einstige Vorsitzende der BI Lüchow-Dannenberg rief dazu auf, gegen diese Politik „Gegenmacht zu entfalten und die gesellschaftlichen Kräfte zu mobilisieren, die dieses Land auf solidarische Weise und im Wissen um die Grenzen des Wachstums entwickeln wollen“. Für die Grünen, die allein den Rechtsruck stoppen könnten, versprach die Spitzenkandidatin, daß diese in Niedersachsen „zeigen werden, daß Regierungsbeteiligung nicht zum Verkauf von Zielen und Moral, sondern zur Durchsetzung unserer Ziele da ist“.

Bundesvorsitzender Jürgen Trittin nannte auf dem Parteitag die Niedersachsenwahl eine Richtungsentscheidung auch für die Bundespolitik, bei der die Frage Rot-Grün oder Große Koalition für Bonn vorentschieden werde. Schröder warf Trittin vor, mit rechtpopulistischen Äußerungen nur die Themen der Rechtsradikalen hoffähig zu machen und damit letzlich die Gruppierungen der Rechten zu stärken.

Zum Spitzenmann auf der nach dem sogenannten Reißverschlußprinzip („eine Frau, ein Mann, eine Frau ...“) besetzten Landesliste wählten die Delegierten den 30jährigen Landtagsabgeordneten Michel Golibrzuch aus dem ostfriesischen Esens, der wie seine stellvertretende Fraktionsvorsitzende Harms eher dem Realo-Flügel zugerechnet wird. Die Landesvorsitzende Janssen-Kucz, die sich überraschend neben Harms für Platz eins beworben hatte, wurde auf den dritten Listenplatz gesetzt. Auf Platz vier darf sich der Landtagsabgeordnete Christian Schwarzenholz erneut um ein Mandat bewerben. Wie die Landesvorsitzende Janssen-Kucz rechnet sich auch Schwarzenholz dem linken Parteiflügel zu.

In Niedersachsen streben allerdings beide Flügel nach der Landtagswahl eine Koalition an, falls diese „den Weg zu einer ökologisch-sozialen Wende“ zu öffnen vermöge. Die Zurechnung zu verschiedenen Flügeln komme vor allem bei Personalentscheidungen zum Tragen, ansonsten drückten sich darin eher Stadt-Land-Gegensätze als politische Unterschiede aus, sagte die Landesvorsitzende Janssen-Kucz am Rande des Parteitages. Jürgen Voges