CDU-Schäuble wird zurückgepfiffen

■ Unionsfraktionschef schlägt Erhöhung von Mehrwert- und Mineralölsteuer vor, um die SPD für Rentenkompromiß zu gewinnen. FDP und CSU weisen ihn zurück. SPD zeigt sich gesprächsbereit

Berlin (dpa/taz) – Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble hat einen ausdrücklich als persönlich deklarierten Vorschlag gemacht, um die Sozialdemokraten doch noch für eine irgendwie geartete Rentenreform zu gewinnen. Um die Lohnnebenkosten um einen Prozentpunkt zu senken, so der mögliche Konkurrent um die Nachfolge Kohls auf dem Kanzlerposten, könnte er sich eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wie auch eine Anhebung der Mineralölsteuer vorstellen.

In der Bundesrepublik sei im Vergleich mit anderen europäischen Ländern das Autofahren immer noch so preisgünstig, daß eine Verteuerung der Benzin- und Dieselkosten politisch gut vertretbar sei. Allerdings dürfe ein Liter Kraftstoff sich nicht um mehr als 15 Pfennig nach oben bewegen, so Schäuble auf der Landesversammlung des CSU-Arbeitskreises Umwelt in Ingolstadt.

Sein Kollegen Rudolf Scharping, Chef der SPD-Bundestagsfraktion, gab sich zufrieden mit dem neuen Angebot: „Wenn es gelingt, diesen Richtungswechsel für die Koalition verbindlich zu machen, dann wäre das ein großer Fortschritt für die gesetzliche Rentenkasse.“ Der einstige Kanzlerkandidat der SPD sah gar im Falle einer gemeinsamen Koalitionslinie in der kommenden Woche „Bewegung“ bei den weiteren Gesprächen um die Konsolidierung der Rentenversicherung.

Erste Reaktionen auf Schäubles Ideen aus den Reihen der Regierungsreihen zeigen jedoch, daß von dieser von der SPD gewünschten Einigkeit der Koalition keine Rede sein kann. Bayerns Finanzminister Erwin Huber (CSU) lehnte in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur eine höhere Benzinsteuer kategorisch ab – um nicht die Pendler in Flächenstaaten wie Bayern oder Baden-Württemberg erheblich stärker zu belasten.

Auch Hermann Otto Solms, FDP-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, hielt den Vorstoß Schäubles für abwegig. In der ZDF-Sendung „halb 12 – Eser und Gäste“ bezeichnete er eine mögliche Anhebung der Mineralölsteuer als „schädlich“. Damit würden nur die Arbeits- und Produktionskosten verteuert – was nicht im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik liege. In derselben Fernsehsendung nahm diese Stellungnahme SPD-Fraktionsgeschäftsführer Peter Struck als Beweis, daß „Herr Schäuble etwas öffentlich äußert und dann von seinen Koalitionspartnern im Regen stehen gelassen wird“. Seine Partei könne Vorschläge aus den Reihen der Regierung erst dann ernst nehmen, wenn ein gemeinsames Konzept vorliegt.

In der Welt am Sonntag beteuerte unterdessen Bundeskanzler Kohl schuldzuweisend, seine Regierung sei weiterhin zu Kompromissen in Sachen Steuer- und Rentenreform bereit, gerade nach den Bürgerschaftswahlen in Hamburg: „Unsere Hand bleibt ausgestreckt.“ Und: „Populismus und Wahltaktik der SPD“ dürften Reformen nicht verwässern. JaF