Henning Voscherau geht in die Knie

■ Bei den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft verliert die SPD deutlich. Die rechtsradikale DVU auf dem Sprung ins Parlament. Grüne bleiben stabil, CDU erholt sich deutlich. FDP und Statt Partei müssen draußen bleiben

Hamburg (taz) – Bei den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft ist die SPD deutlich eingesackt. Kraß entgegen dem Bundestrend verlor die Partei von Bürgermeister Henning Voscherau rund 3 Prozent der Stimmen und erreichte nur rund 37 Prozent der Stimmen – ihr schlechtestes Ergebnis in der Hansestadt seit Kriegsende. Damit erhält die SPD rund 51 (bisher 58) der 121 Sitze. Schon bei der Wahl 1993 war die Hamburger SPD um rund 8 Prozent abgerutscht. Profitieren vom Law-and-order-Wahlkampf der Sozialdemokraten konnten dagegen offenbar die Rechtsradikalen: Die DVU kletterte von bisher 2,8 auf über 5 Prozent der Stimmen und wird mit voraussichtlich acht Sitzen in der Bürgerschaft vertreten sein. Die „Republikaner“ erzielten etwa 1,6 Prozent. Ersten Analysen zufolge wählten satte 12 Prozent aller Arbeiter die Rechtsradikalen.

Dürftig blieb das Ergebnis für die Bündnisgrünen. Die Partei mit Spitzenfrau Krista Sager blieb auf rund 14 Prozent sitzen – eine nur geringe Steigerung gegenüber den letzten Hamburger Wahlen von 1993, als sie bei 13,5 Prozent landeten. Sie erhält voraussichtlich wie zuvor 18 Sitze in der Bürgerschaft. Deutliche Stimmengewinne erzielte die CDU. Mit ihrem neuen Spitzenkandidaten Ole von Beust konnten die Christdemokraten ihren bisherigen Stimmenanteil von 25,1 auf über 30 Prozent der Stimmen und ihr Sitzzahl von 36 auf 43 steigern. Mit rund 4 Prozent verfehlt hat dagegen die FDP den Einzug ins Parlament.

Die bisherige Koalition aus Statt Partei und SPD ist in jedem Fall beendet. Die Statt Partei, die 1993 noch überraschend 5,6 Prozent erreicht hatte, bleibt mit rund 4 Prozent vor dem Rathaus. Ohne die SPD wird eine Regierungsbildung unmöglich bleiben – doch ob dazu noch Henning Voscherau zur Verfügung steht, bleibt abzuwarten. Der Bürgermeister hatte angekündigt, bei deutlichen Stimmenverlusten nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Die sind nun eingetreten. Voscherau hatte offengelassen, ob er ein Bündnis mit CDU oder Grünen eingehen wolle.

Zufrieden äußerten sich Krista Sager und der grüne Vorstandssprecher Jürgen Trittin — Sager sprach gar von einem „hervorragenden Ergebnis“. Für den Einzug der DVU ins Parlament machten beide Voscheraus Wahlkampf verantwortlich. Grünen-Sprecherin Gunda Röstel sprach von einem „klaren Signal für Rot-Grün“. Das Abschneiden der SPD erklärte sie im gleichen Atemzug zur „politischen Katastrophe“. CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust nannte die DVU die „rechteste der rechten Parteien: Nazis“. Er schloß eine große Koalition nicht aus. Die Hamburger Sozialdemokraten wollen zunächst Sondierungsgespräche mit CDU und Bündnisgrünen über einen Koalition aufnehmen. klh Berichte Seite 2