Klappern gehört zum Handwerk Von Klaudia Brunst

Es gibt ein Buch in meinem Bücherschrank, auf das bin ich im Rahmen meiner feministischen Bewußtwerdung besonders stolz: „Jetzt helfe ich mir selbst“. Es handelt sich dabei übrigens nicht um Anja Meulenbelts Anleitung zum freibestimmten sexuellen Glück, sondern um eine bebilderte Reparaturanleitung für unseren Corsa.

Wie viele wichtige Handgriffe habe ich aus diesem Buch gelernt! Das Ein- und Ausbauen der Batterie, wenn man mal wieder das Licht angelassen hat (kann mir jemand mal erklären, warum sie das Ding fortwährend Akku nennen?). Die Montage des Ersatzreifens, ein Vorgang, den ich schon hunderttausendmal nachgelesen, aber noch nie in die Praxis umgesetzt habe, oder – ganz wichtig! – das Auffüllen des Scheibenwischwassers, das mich an einer Tankstelle zuvor einmal satte 14 Mark gekostet hatte. Es gibt allerdings gewisse Phänomene, die sich im Inhaltsverzeichnis des Handbuchs partout nicht finden lassen. Zum Beispiel das hartnäckige Klappern unter dem Auto, wenn man über einen Gulli fährt.

„Es klappert, Tatsache, nur wenn Sie über einen Gulli fahren?“ fragte letzten Samstag der Mechaniker unserer Werkstatt ungläubig, den ich in dieser Angelegenheit konsultierte. „Natürlich klappert es auch bei gulliähnlichen Erhebungen“, korrigierte ich mich spitz. „Wie klappert es denn?“ – „Kurz, metallisch, klingend.“ – „Mehr hinten oder mehr vorne?“ – „In der Mitte, praktisch unter dem Sitz.“ Da lachte der Mechaniker ein ölverschmiertes Lachen. „Das haben wir gleich!“ Siegessicher öffnete er die Tür und versuchte, das Montagekreuz unter dem Beifahrersitz hervorzuziehen. So schlau war ich natürlich auch schon gewesen. Aber unter dem Beifahrersitz lag gar kein Montagekreuz.

Nun fing der Mann wenigstens an, die Sache ernst zu nehmen. „Wissen Sie, vielleicht ist es ja die Spurstange oder die Achsaufhängung oder ein defekter Stoßdämpfer“, versuchte ich, mein „Jetzt helfe ich mir selbst“-Wissen anzuwenden. „Das haben wir gleich“, behauptete mein Gegenüber noch einmal und liftete den Wagen mit seiner Hebebühne über unsere Köpfe. „So'n alter Wagen klappert halt schon mal“, brummte er mit einem Seitenblick in meine Richtung, während er mit einem Gummihammer systematisch den gesamten Unterboden abklopfte. „Vierzehn Jahre, hundertachtzigtausend. Da ist schon mal 'ne Schraube locker.“

Ich ersparte mir jede Retourkutsche, als er feststellen mußte, daß der Unterboden tiptop in Ordnung war. Stoisch beharrte ich weiter auf der Beseitigung des Klapperns. Schließlich war ich ja auch bereit, dafür zu zahlen. Jetzt blieb nur noch die gemeinsame Probefahrt. Natürlich klapperte plötzlich nichts mehr. Egal wie rasant ich auch über alle erreichbaren Bodenwellen heizte – es blieb still. Nun stand uns also der unvermeidliche Geschlechterkrieg bevor: „Sonst klappert es immer!“ – „Können Sie das Geräusch technisch verifizieren?“ – „Ich dachte bisher, dafür seien Sie zuständig.“ – „Dafür müßte es aber klappern.“ – „Männer!“ – „Weiber!“

Keines dieser Worte fiel. Im Wagen blieb es absolut ruhig. Wortlos fuhren wir wieder auf den Hof. „Entschuldigen Sie“, empfing uns eine junge Frau mit einem alten Fiat. „Schauen Sie mal? Er rasselt immer so beim Anlassen.“