Unnötige Polizeipräsenz

■ betr.: „Die Polizei als Freund und Helfer“ (bündnisgrünes Sicher heitskonzept), taz vom 13./14. 9. 97

Im August 1990 veröffentlichten die Grünen ein auf einem Gutachten basierendes Konzept für eine neue Polizeipolitik. Darin werden Forderungen aufgestellt, die noch heute Gültigkeit besitzen. Das Gutachten beweist, daß durch die Auflösung der traditionellen kleinräumigen Revierstrukturen in den Städten nicht mehr Beamte für den alltäglichen schutzpolizeilichen Außendienst zur Verfügung stehen und das Sicherheitsgefühl durch Streifen nicht gesteigert werden kann. Trotzdem werden unter grüner Regierungsmitverantwortung in Hessen Polizeireviere aufgelöst.

Das Gutachten widerlegt die Grünen auch in der Auffassung, durch mehr Polizeipräsenz könnte Kriminalität verhindert werden. Dort heißt es nämlich: „Illusionär war aber bereits die Grundannahme dieses Konzepts. Es baute darauf, daß allein die Präsenz von mehr Polizisten im Außen- und Streifendienst dazu führen könnte, daß zum einen mehr Straftäter auf frischer Tat entdeckt und gefaßt, zum anderen aber potentielle Täter hierdurch abgeschreckt würden.“ Fußstreifen sind demnach weitgehend uneffektiv. Ebenso uneffektiv und zusätzlich umweltschädigend sind Streifenfahrten. Durch dichte Polizeipräsenz werden bestimmte Deliktformen nur in andere Bereiche verdrängt. Die abschreckende Wirkung durch eine höhere Polizeipräsenz ist geringer als das Mißtrauen, das dadurch entsteht.

Anonym schlendernde Uniformierte werden das subjektive Sicherheitsgefühl sicher nicht steigern, da dadurch die polizeiliche Erreichbarkeit nicht automatisch gewährleistet ist. Statt Polizeidienststellen weiterhin zu zentralisieren, wodurch der Kontakt zu den BürgerInnen verlorengeht und auch durch Kontaktbereichsbeamte, Fußstreifen und Präventionsräte nicht aufgeholt werden kann, sollten leicht erreichbare Stadtteildienststellen geschaffen werden. Die BürgerInnen brauchen nicht ständig Uniformierte um sich herum. Sie brauchen polizeiliche Hilfe nur, wenn sie danach rufen. Und sie müssen die Gewißheit haben, daß die notwendige Hilfe gewährleistet wird. Alles andere ist Augenwischerei. Jürgen Korell, Sprecher der

BAG Kritischer PolizistInnen,

Wiesbaden