Kommentar
: Blind und blöd

■ Die SPD hat einen Politiker verloren, den sie ohnehin nicht verdient hatte

Zugegeben: Am Anfang gaben Hakki Keskin und sein schweigsames Hinnehmen sozialdemokratischer Anti-Ausländer-Politik nicht gerade ein rühmliches Bild ab. Doch als er sich einmal entschlossen hatte, die Dinge beim Namen zu nennen, zogen sogar GALierInnen wie Anna Bruns den Hut.

Die Demütigung, als Migrationspolitiker nicht einmal zu den Warteschlangen vor der Ausländerbehörde reden zu dürfen, war selbst für Außenstehende kaum erträglich. Kalt und deutsch haben die Sozis Keskin verschlissen, als stünden engagierte MigrantInnen ausgerechnet bei der schrödernden und voscherauenden SPD Schlange.

Ob einem der Spitzenpolitiker wohl ein einziges Mal in den Sinn gekommen ist, wie ein Keskin sich fühlt, wenn seine eigene Partei Ausländer zum sicherheitspolitischen Problem erklärt?

Der Politikprofessor Keskin, der mit seiner Kür zum Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde zu einem der wichtigsten Migranten in Deutschland geworden ist, schmückte dennoch die SPD-Fraktion. Klug, scharfsinnig und umsichtig, wie er ist, hätte er eine Brücke zwischen der großen sich Volkspartei nennenden SPD und der großen türkischen Minderheit bauen können.

Dieser verpaßten Chance wird die SPD noch einmal nachweinen, wenn durch ein neues Staatsbürgerrecht die stimmberechtigte Bevölkerung nichtdeutschen Ursprungs gewachsen ist. Doch soviel Weitsicht kann man von einer Partei, die den an die DVU verlorenen Stimmen hinterhertrauert, nicht erwarten. Die SPD ist nun mal, wie sie ist: blind und blöd. Silke Mertins