Jelzin wird sozial

■ Rußlands Präsident will die Rolle des Staates in der Wirtschaft stärken

Moskau (AP/dpa) – Der russische Präsident Boris Jelzin will die Rolle des Staates in der Wirtschaft wieder stärken. Dies sei aber keine Rückkehr in Richtung Planwirtschaft, sagte Jelzin gestern in einer vom Fernsehen übertragenen Rede vor dem Föderationsrat, der zweiten Kammer des russischen Parlaments. In der frühen Phase der Reformen sei die freie Marktwirtschaft die einzige Kraft zur Bewältigung der Krise gewesen. Für die Übergangszeit zu einem stabilen Wachstum sei sie aber nicht ausreichend. Der Erfolg der Regierung werde in den kommenden Monaten vielmehr daran gemessen, wie sie die sozialen Schwierigkeiten in den Griff bekomme.

In der neuen Wirtschaftsordnung werde die Regierung zwar die Hauptrichtung des ökonomischen Prozesses vorgeben, habe jedoch nicht die Absicht, in die Rechte privater Firmen einzugreifen.

Die Abgeordneten der Duma überstimmten unterdessen mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit ein Veto Jelzins gegen das Gesetz zur Bodenreform, das die Privatisierung landwirtschaftlicher Flächen verbietet. Jelzin ist strikt gegen das Gesetz, das die restriktiven Bestimmungen der Sowjetära fortschreibt. Es sei nicht verfassungsgemäß und gegen die Interessen des Staates gerichtet. Alexander Kotenkow, Jelzins Vertreter in der Duma, deutete an, das Gesetz könne wegen Verfahrensfehlern bei der Abstimmung an das Parlament zurückverwiesen werden. Gestern waren nur 184 Abgeordnete anwesend, 350 Stimmen wurden aber gezählt.

Nach dem Gesetzentwurf, dem sogenannten Landkodex, dürfen Russen nur in Städten kleine Grundstücke erwerben, die überwiegende Fläche des Ackerlands bleibt im Besitz der Regierung. Überstimmt der Föderationsrat das Veto ebenfalls, muß Jelzin das Gesetz unterzeichnen oder es dem Verfassungsgericht vorlegen.

In seiner Grundsatzrede ging Jelzin auch auf die Kapitalflucht der letzten Jahre ein. Um die ins Ausland gelangten Fluchtgelder wieder ins Land zu holen, denke er an eine Amnestie. Für die Legalisierung der Gelder solle lediglich eine Abgabe von bis zu fünfzehn Prozent erhoben werden.