Vertrauenskredit gab's ohne Ende

■ Der Deutsche-Bank-Vorstand hatte bis zum Ende keine Zweifel an der Kreditwürdigkeit Jürgen Schneiders. Der Vorsitzende Richter beim Schneider-Prozeß geht mit Kreditgebern kritisch ins Gericht

Frankfurt (dpa/AP) – „Nicht den Hauch eines Verdachts“ an der Bonität des Immobilienunternehmers Jürgen Schneider will die Deutsche Bank bis zum Zusammenbruch der Firma gehabt haben. Das sagte gestern beim Schneider-Prozeß vor dem Frankfurter Landgericht Georg Krupp, bei der Deutschen Bank zuständiges Vorstandsmitglied für Geschäftskunden.

Krupp erklärte, bis zum Frühjahr 1994 sei in der Konzernspitze kein Verdacht entstanden, „daß etwas nicht in Ordnung sein könnte“. Gleichwohl räumte der Banker im Zeugenstand aber ein, man habe sich im Vorstand der Deutschen Bank erstmals 1990 Sorgen gemacht, nachdem sich herausgestellt hatte, daß im Fall Schneider die Zahl der Kreditgeber rapide zugenommen hatte. Daß die Bank dennoch auch danach weitere Kredite auszahlte, erklärte Krupp mit der Notwendigkeit, Bauprojekte fertigzustellen und nicht auf Neubauruinen sitzenzubleiben.

Die Kreditgewährung für Schneider war dabei seit 1985 Chefsache. Der Vorstand hätte, so Krupp, durch seine zuständigen Mitglieder sämtlichen Krediten der Kölner Tochtergesellschaft Centralbodenkredit AG an Schneider zugestimmt. Detailprüfungen soll es dabei nicht gegeben haben. Die Kredite der Centralboden machten nach Krupps Angaben zwei Drittel des gesamten Engagements der Deutschen Bank in Höhe von rund 1,5 Milliarden Mark aus.

Als verantwortliche Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank für Schneider-Kredite nannte Krupp, der außerdem Aufsichtsratsvorsitzender der Centralboden war, sich selbst sowie den Kollegen Ulrich Weiss, der ebenfalls als Zeuge geladen ist und gestern nachmittag aussagen sollte.

Der Vorsitzende Richter Heinrich Gehrke befand, daß die von Krupp behauptete Plausibilitätsprüfung der Kreditanträge eine Farce gewesen wäre. Die Vorstände bekamen lediglich knappe Berichte der Kreditabteilungen vorgelegt. Und die vermeintlichen Experten bei Centralboden hätten, so Gehrke, strammgestanden, wenn der Vorstand etwas abgesegnet hatte.

Auch das Wort des gar nicht für die Hypothekentochter Centralboden zuständigen Vorstands Ulrich Weiss habe in Köln hohes Gewicht gehabt, so der Richter. Letztlich ungeklärt blieb auch gestern die Frage, warum das Kreditvolumen Schneiders trotz frühzeitiger Warnungen bei einem Stand von rund 800 Millionen Mark nicht eingefroren wurde.

Unterdessen wurde bekannt, daß die Deutsche Bank in den kommenden Jahren Milliarden einsparen will. Das Handelsblatt zitierte in seiner gestrigen Ausgabe Vorstandssprecher Rolf-E. Breuer mit der Aussage, die Betriebsaufwendungen der Bank entwickelten sich ungünstiger als bei der Konkurrenz. Die Deutsche Bank will die Zahl ihrer Handelsräume verringern und sowohl Zentrale wie Filialen nach Einsparmöglichkeiten durchforsten.