Schonzeit wird gekürzt

■ Kultusminister der Länder planen Schulpflicht für Fünfjährige / Aber wenn der Beschluß umgesetzt wird, droht Schulen Engpaß

Erstklässler sind zu alt, finden die Kultusminister. Sechs Jahre und neuneinhalb Monate ist das Durchschnittsalter eines Schultütenträgers, Tendenz steigend. Das wollen die Minister ändern. Deshalb sollen in Zukunft die Länder die Möglichkeit bekommen, Schüler früher in die Schule zu zitieren. Sollte der Vorschlag durchkommen, gilt bald die Schulpflicht auch für Kinder, die noch keinen sechsten Geburtstag gefeiert haben.

Bislang bekommen Eltern eines Jahrgangs die Aufforderung, ihr Kind anzumelden, wenn es vor dem 30. Juni sechsten Geburtstag feiert – ein „Muß-Kind“. Wird das Kind zwischen dem 30. Juni und dem 30. Dezember sechs, haben die Eltern die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis ihr Kind einzuschulen – ein „Kann-Kind“. In Zukunft soll es mehr „Muß-Kinder“geben. Der Stichtag soll auf den 30. September verschoben werden. Hat Junior am 20. September Geburtstag und beginnt die Schule am 1. September, muß er fünfjährig anfangen.

Keine gute Idee, findet Bettina Stöckmann vom Verbund Bremer Krabbel- und Kleinkindergruppen. „Kinder sollten so lange wie möglich von der Schule ferngehalten werden und in Kindergruppen betreut werden“, findet sie. Ohne den Leistungsdruck falle den Kindern soziales Lernen leichter – Schule fördere Konkurrenz, nicht Miteinander. Außerdem sei mit der Einschulung die Mitbestimmung der Eltern bei der Bildung vorbei – das sollte nicht früher geschehen als derzeit, sagt Stöckmann.

Als Chance hingegen stellen Bildungspolitiker die neue Regel dar. Sie wollen das dreizehnte Schuljahr abschaffen und wünschen sich jüngere Abgänger. Wie bisher werden die Eltern auf Antrag ihr Kind von der Schulpflicht für ein Jahr zurückstellen können. Außerdem ist längst nicht klar, wie die Länder mit dem Kultusminister-Beschluß umgehen werden: Eine zu plötzliche Umsetzung würde die Schulkapazitäten sprengen. Christoph Dowe