Tiergartentunnel weiter tief unter Wasser

■ Grundwasserschäden am Bahntunnel sind „größer als angenommen“. Baustelle steht seit zehn Wochen still. Bahn: Die Inbetriebnahme 2002 ist nicht gefährdet

Zweieinhalb Monate haben die Baufirmen beim Bohren des Tiergartentunnels schon verloren. Und noch immer steht das unterirdische Tunnelstück am Gleisdreieck gegenüber dem Potsdamer Platz unter Wasser. Die Reparatur des „Senkkastens“, in den am 9. Juli Grundwasser eingebrochen war, hat noch nicht begonnen. „Der Schaden ist größer, als wir angenommen haben“, sagte gestern Horst Heller, Geschäftsführer der Bauherrin Deutsche Bahn Projekt GmbH Knoten Berlin.

Trotz der Verzögerung könne die Firmengruppe unter Leitung des Baukonzerns Hochtief den Nord-Süd-Tunnel für vier Bahngleise wie geplant fertigstellen, meinte Heller. „Wir haben den Termin im Jahr 2002 weiter im Auge.“

Der Unfall brachte jedoch den gesamten Bauablauf durcheinander. Ursprünglich sollten Anfang Oktober jeweils eine Bohrmaschine vom Gleisdreieck in Richtung Norden und eine vom Reichstag nach Süden starten, um die Tunnelröhren voranzutreiben. Nach der neuen Planung werden am Gleisdreieck nun vorerst keine Bohrarbeiten stattfinden. Statt dessen beginnen die Bohrungen beider „Schildvortriebsmaschinen“ am Reichstag. Die doppelte Geschwindigkeit am nördlichen Teil des Tunnels soll die Verzögerung im südlichen Teil zumindest teilweise ausgleichen. Erst nach Abschluß der Reparaturen am Gleisdreieck kann die Bohrfirma Herrenknecht dort ihre Maulwurfanlage aufbauen.

Die Sanierung des abgesoffenen Tunnelstücks soll nach Angaben der Bahn in der kommenden Woche beginnen und wird mehrere Monate dauern. Der vom Landgericht Berlin bestellte Sachverständige Rolf Katzenbach, Professor an der Technischen Uni Darmstadt, favorisiert ein Verfahren zur Vereisung des Erdreichs. Vor der leckgeschlagenen Stirnseite des unterirdischen Senkkastens wird der feuchte Sand dann tiefgefroren, damit man den Tunnel leerpumpen kann und kein weiteres Grundwasser nachfließt.

„Einen Schaden dieses Typs habe ich noch nie gesehen“, sagte Katzenbach. Die genaue Ursache sei trotz eingehender Untersuchungen immer noch nicht bekannt. Er hoffe aber, sein fertiges Gutachten spätestens im Mai 1998 abliefern zu können.

Reparatur und Verzögerung kosten „einen zweistelligen Millionenbetrag“ – genauere Angaben wollte Bahngeschäftsführer Heller nicht machen. Die Versicherung habe sich bereit erklärt, einen Teil zu übernehmen. Wenn das Gutachten vorliegt, müssen Bahn und Baukonzerne darüber streiten, wie die nicht abgedeckten Kosten aufgeteilt werden. Hannes Koch