Nur der Bundeskanzler läßt sich nicht blicken

■ Kaiserslautern versaut beim 4:0 in Saarbrücken jede Derbystimmung

Saarbrücken (taz) – Vor zwei Jahren war der 1. FC Saarbrücken fast am Ende. Trotz des 7. Platzes in der Schlußtabelle der 2. Bundesliga mußte der Traditionsclub in die neugegründete Regionalliga West/Südwest abrücken. Nahezu zehn Millionen Mark Schulden hatte das damalige Präsidium angehäuft. Da beschwor der prominenteste FCSler, der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine, seinen Freund und designierten Kronprinzen Reinhard Klimmt, Verantwortung als Präsident zu übernehmen, um die Malstatter mittelfristig zurück in den Profifußball zu führen. Zuletzt war dies 1992 Trainer Peter Neururer gelungen, doch nach nur einer Spielzeit stieg man trotz eines 2:0- Sieges gegen den 1. FC Kaiserslautern am Ende wieder ab. Wie schon dreimal zuvor.

Nun hat Saarbrücken erneut Anlauf genommen, wirtschaftlich angeblich saniert, seriöser geworden und mit Dirk Karkuth als Trainer, der den FC Morton letztes Jahr in die schottische Premier League geführt hatte. Was wohl der Grund war, schon vor dem Anpfiff Freddy Mercurys „We Are The Champions“ zu intonieren, denn der Pokalspaß hatte schon nach sieben Minuten ein jähes Ende. Da stand es nach einem Fallrückzieher von Olaf Marschall und einem Eigentor des FCS-Verteidigers Joachim Trautmann bereits 0:2. Alles war gelaufen. Dabei boten die Pfälzer nur eine mittelmäßige Leistung und gestatteten den konfus agierenden Gastgebern mehrere Chancen, die diese aber überhastet vergaben.

FCK-Trainer Otto Rehhagel bescheinigte dem Gegner nach dem Spiel eine gute Leistung. Überhaupt waren sich nach dem 0:4 alle einig. Die Lauterer hakten die lästige Pflichtübung zwischen zwei Bundesligaspielen ab, und für die Saarbrücker brachte es ihr oberster Fan Oskar auf den Punkt: „Der 1. FCS hat zwar verloren, sich aber nicht blamiert.“ Sein Pendant auf der Gegenseite, das prominenteste FCK-Mitglied und potentieller Wahlgegner Lafontaines um die nächste Kanzlerschaft, war gar nicht dabei im Ludwigspark. Denn zum Leidwesen von Helmut Kohl wird der 1. FC Kaiserslautern immer mehr zum Leib- und Magenklub des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck, der seinen Parteifreund Oskar gönnerhaft auf den Betzenberg einlud. Die altbackene, aber stimmungsvolle FCK-Hymne „Ole ole ole ola, der FCK ist wieder da“ spielten sie dem SPD-Bundesvorsitzenden schon mal im eigenen Stadion vor. Während der 1. FCK morgen gegen Werder Bremen seine Tabellenführung verteidigen will, muß sich der unterlegene Nachbar zur gleichen Zeit beim Tabellenletzten der Regionalliga, der SpVgg. Erkenschwick, beweisen. Doch am 23. Oktober darf man sich dann rächen: da gastieren die FCK-Amateure zum Punktspiel in Saarbrücken. Günter Rohrbacher-List

Tore: 0:1 Marschall (2.), 0:2 Trautmann (7./Eigentor), 0:3 Reich (52.), 0:4 Rische (60.)

Zuschauer: 34.000 (ausverkauft)