■ Mit Marokko-Hilfe auf du und du
: Zähe Zusammenarbeit

Rabat (taz) – 80 Millionen Mark fließen jährlich über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) nach Marokko – die Hälfte als Kredit, der Rest als Zuschuß. Das nordafrikanische Land liegt damit auf Rang elf beim Bezug bundesdeutscher Entwicklungshilfe. Das erklärte Ziel des BMZ: deutsche Direktinvestoren ins Reich von Hassan II. zu locken.

Vor 25 Jahren wurde dazu eigens ein Beratungsdienst für die Privatwirtschaft gegründet, der seither mit einigen Unterbrechungen arbeitet. Das Ergebnis der Bemühungen um deutsch- marokkanische Joint-ventures ist mehr als dürftig. Die großen deutschen Unternehmen wie Siemens, Hoechst oder Bayer machen von der Stelle keinen Gebrauch, da sie über ihren eigenen Informationsdienst verfügen. Es gelang nur, knapp über 60 kleinere Betriebe zum Schritt nach Marokko zu bewegen. Ein Großteil davon aus Branchen, die billige Arbeitskräfte suchen, aber keinen eigentlichen Know-how-Transfer zur Folge haben, so zum Beipiel aus der Textilindustrie.

Marokko heißt in Deutschland Exotik und Sonne für die Sommermonate, als Wirtschaftsland ist es trotz räumlicher Nähe zu Europa wenig gefragt. Die Gründe sind immer wieder die gleichen. Neben der Sprachbarriere spielt die fehlende Rechtssicherheit eine wichtige Rolle. Verwaltungsgerichtshöfe, wie sie allgemein üblich sind, um etwaige Streitigkeiten mit staatlichen Stellen zu schlichten, befinden sich in Marokko erst im Aufbau. Export, Import, Lieferungen, jede Unterschrift kosten einen finanziellen Gunstbeweis.

Wer sich dennoch für eine Zweigstelle im Alawitenreich entscheidet, klagt über fehlende qualifizierte Fachkräfte. Paradoxe Situation in einem Land mit über 200.000 Akademikerarbeitslosen. Geschichtswissenschaftler, Sprachwissenschaftler, Lehrer, Mediziner, alles ist zu haben. Facharbeiter mit einer den neuen Techniken angepaßten Lehre oder gar Techniker und Ingenieure – Fehlanzeige. Zumindest hier will Marokko Abhilfe leisten. Seit Mai letzten Jahres gibt es ein Gesetz zur Einführung eines dualen Berufsausbildungssystems. Die Bundesregierung greift dem marokkanischen Berufsbildungsministerium dabei unter die Arme. Bis der Betrieb überall Lernort ist, wird noch einige Zeit vergehen, denn viele marokkanischen Unternehmer wollen nicht so recht einsehen, warum sie in Arbeiter investieren sollen, die vielleicht später dann auf dem freien Arbeitsmarkt einen anderen Arbeitsplatz suchen. Reiner Wandler