Nach den Lehrjahren nun die Mühen der Ebene

■ Nach 18 Jahren Freier Schule haben sich die Probleme geändert. Inzwischen ist die Idee gesellschaftlich weitgehend anerkannt, doch das Projekt kämpft jetzt gegen die finanzielle Pleite

Auch die aufmüpfigsten Geister werden einmal erwachsen. Das gilt auch für die Freie Schule Berlin e.V., die heute mit ihren inzwischen rund 50 SchülerInnen ihren 18. Geburtstag feiert. „Über all die Jahre hat sich die Grundidee nie geändert“, so Lehrer Stephan Dreis. Noch immer steht die Einzigartigkeit eines jeden Kindes im Vordergund. Noch immer gibt es weder Stundenpläne noch Klassenverbände. „Das System hat sich bewährt“, so Dreis.

In den 18 Jahren hatte die alternative Grundschule auf dem Ufa- Gelände in Tempelhof mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen: 1979 begann sie mit einer vorläufigen Genehmigung, die ihr drei Jahre später auch schon wieder entzogen wurde. Nach elf Jahren Gerangel kam erst 1990 durch die grüne Bildungssenatorin Sybille Volkholz die endgültige Genehmigung.

Seitdem wächst das Interesse an der Freien Schule stetig. Inzwischen kommen auf sechs bis acht Plätze im Jahr rund 40 Anmeldungen. So kämpft sie mittlerweile nicht mehr um die gesellschaftliche Anerkennung, sondern gegen das finanzielle Aus. Obwohl die Eltern je nach Einkommen ein Schulgeld von bis zu 450 Mark inklusive Hortbetreuung im Monat zahlen, ist die Ausstattung der Alternativschule alles andere als luxuriös. „Die Tische und Stühle sind zum größten Teil Sperrmüll“, erzählt Stephan Dreis.

Seit einigen Jahren versucht die Freie Schule deshalb, Zuschüssse zu ergattern, die nach dem Privatschulgesetz gewährt werden können. Dreis ist davon überzeugt, daß die Zuschüsse der Schule zustehen, schließlich würden auch andere Privatschulen mit gleichem Status unterstützt. Die Schulverwaltung ist da anderer Meinung: „Wegen der angespannten Haushaltslage werden neu beantragte Zuschüsse von genehmigten Schulen schon seit Jahren nicht mehr bewilligt“, so Rita Hermanns, Sprecherin von Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD).

Neben der Freien Schule Berlin gibt es noch zwei weitere alternative Grundschulen in Prenzlauer Berg und Pankow, die erst vor kurzem öffneten. Nicht zu verwechseln damit sind die sechs Freien Waldorfschulen.

Bei dem Übergang der Grundschüler in die staatlichen Oberschulen zeigen sich erstaunlich wenige Schwierigkeiten. Laut Eckart Krebber, Schulleiter der Sophie- Scholl-Gesamtschule in Schöneberg, haben die Schüler der Freien Schule „viele Interessen und gehen ganz unbefangen auf ihre Umwelt zu“. Sein Eindruck von den Kids: „Die meisten sind ganz interessante kleine Persönlichkeiten.“

Gerhard Rähme, Schulleiter an der Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule in Kreuzberg, sieht die Anpassung der Schüler an die staatliche Oberschule komplizierter. Für ihn haben die Schüler „Probleme in der Selbstreflexion“ und wüßten nicht, wo sie leistungsmäßig stehen. Alles jedoch Mängel, die sich im Laufe der Zeit ausbügeln ließen. Neben einigen Defiziten in den „Kernfächern“ Deutsch, Mathe und Fremdsprachen hat die Freie Schule für ihn jedoch noch einen eklatanten Fehler: „Sie hat einfach nicht die Vorzüge, die sie bei so einer günstigen Lehrer- Schüler-Relation haben könnte.“ Corinna Budras

Heute Tag der offenen Tür in der Freien Schule Berlin e.V: Ufa-Fabrik, Viktoriastr.13–18 in Tempelhof, 14–18 Uhr