Neue Verfassung gegen korrupte Politik

■ Das thailändische Parlament verabschiedet politische Reformen. Ein Mißtrauensantrag gegen die Regierung ist jedoch gescheitert

Berlin (taz) – Mit 578 gegen 16 Stimmen haben am Samstag beide Kammern des thailändischen Parlaments eine neue Verfassung verabschiedet. Das neue Werk soll Reformen zur Eindämmung der politischen Korruption ermöglichen. Zuvor war ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung des seit zehn Monaten amtierenden Premierministers Chavalit Yongchaiyudh mit 212 gegen 170 Stimmen gescheitert. Die Opposition macht Chavalit für die schwere Wirtschaftskrise verantwortlich. Dabei sorgte erst die Krise für den Druck auf die Regierungspolitiker, der neuen Verfassung und damit der Beschränkung ihrer Macht und Pfründe zuzustimmen.

Die Verfassung sieht die Trennung von Ministeramt und Abgeordnetenmandat vor, führt eine Wahlpflicht, die Offenlegung der Vermögensverhältnisse von Politikern und die Direktwahl der Senatoren ein. Sie ermöglicht auch die Amtsenthebung von Politikern und stärkt die Bürgerrechte. So sollen Amtsmißbräuche, der vor allem in ländlichen Regionen weitverbreitete Stimmenkauf und die Ämterpatronage reduziert werden. Die Regierung hat jetzt 240 Tage Zeit, die Gesetze der neuen Verfassung anzupassen. Die Charta war von einem 99köpfigen Gremium aus Wissenschaftlern und Prominenten erarbeitet worden und muß jetzt noch vom König unterzeichnet werden.

Beobachter sehen in politischen Reformen eine Voraussetztung für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage. Bereits als Premier Chavalit Anfang September seine Unterstützung für die neue Verfassung verkündete, reagierten die Aktien- und Devisenmärkte positiv. Geschäftsleute haben inzwischen die neue Verfassung begrüßt. Selbst Führer des putschfreudigen Militärs unterstützten die Verfassung. Sie warnten die Regierung, daran keine Veränderungen vor den für das nächste Jahr angekündigten Neuwahlen vorzunehmen. Die Einmischung des Militärs stieß auf Kritik. Ihr wird jedoch zugute gehalten, größere Unruhen zwischen Befürwortern und Gegnern der Reform verhindert zu haben. Während der Abstimmung am Samstag kam es vor dem Parlament zu Demonstrationen beider Seiten, aber nur zu vereinzelten Schlägereien.

Kritiker monieren, die neue Verfassung untergrabe die Autorität des Königs. Die Charta läßt die konstitutionelle Monarchie jedoch unangetastet. Keine Garantie für eine saubere Politik dürfte allerdings die Regelung sein, daß künftige Parlamentsabgeordnete einen Universitätsabschluß haben müssen. In der Bangkok Post verwiesen am Samstag Akademiker darauf, daß die kommenden Monate für die Umsetzung der Reformen entscheidend und diese deshalb noch nicht endgültig unter Dach und Fach seien. Politiker aus dem Regierungslager haben denn auch angedeutet, die neue Verfassung schon bald wieder ändern zu wollen. Sven Hansen