„Was ist eine Dezimark?“

■ Klaus Gebhardt, Hamburger Koordinator des Intelligenten-Vereins „Mensa“, über den Hochbegabten-Kongreß in dieser Woche in Hamburg

taz: Wie hoch ist Ihr Intelligenzquotient, Herr Gebhardt?

Klaus Gebhardt: Wir sprechen in unserem Verein nicht darüber. Es spielt für uns keine Rolle – zu unseren Veranstaltungen kommen ja auch Nicht-Mitglieder.

Was ist schön daran, sich nur mit klugen Menschen zu umgeben?

Wir finden schneller eine gemeinsame Ebene. Mensaner verstehen meine Witze eher als andere Leute. Das habe ich bei unseren Stammtischen gemerkt. Und wenn man verreist, bieten Mensaner einem Unterkunft. Man lernt wirklich interessante Leute kennen.

Stammtische, gemeinsames Reisen – ist Mensa die Fortsetzung eines Schützenvereins mit anderen Mitteln?

Ich kenne keine Schützen. Aber die haben bestimmt auch gemeinsame Interessen, so wie wir.

Zum Beispiel?

Mensaner sind aufgeschlossen und interessiert an ungewöhnlichen Themen. Da kann man sich schon mal trauen zu fragen: Was ist eine Dezimark? Oder: Wenn der Mond aus Käse wäre, wie würde sich das auf Ebbe und Flut auswirken? Oft lösen wir auch Denksportaufgaben.

Tratschen Sie nie über Liebeskummer?

Doch, das kommt auch vor. Mensaner finden sich und streiten sich, genau wie andere Leute. Der Vorsitzende hat beispielsweise seine Frau in unserem Verein getroffen.

Dafür ist der Kongreß in dieser Woche aber nicht gedacht?

Nein. In unserer Satzung steht, daß wir eine gesellige Atmosphäre pflegen wollen. Dafür gibt es das Event. Schließlich haben nur zwei Prozent der Bevölkerung einen IQ von über 130, und wir sind weit verstreut. In Hamburg und Umgebung beispielsweise gibt es 109 Mensaner.

Haben Sie nie daran gedacht, gemeinsam an einem Thema zu arbeiten, das den restlichen 98 Prozent der Weltbevölkerung zugute kommt?

Die Mensa-Gründer in England hatten die Hoffnung, die Welt friedlicher zu gestalten, indem sie intelligente Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenbringen. Ein Fernziel mag die Verhinderung des dritten Weltkriegs gewesen sein. Aber eine politische Meinung hat Mensa nicht. Wir haben uns lediglich der Förderung der Intelligenz verschrieben.

Wie macht man das denn?

Unsere Psychologin leitet ein Programm zur Förderung hochbegabter Kinder. Wir diskutieren darüber, zum Beispiel auch in dieser Woche in Hamburg, wie man begabte Kinder noch weiter fördern kann. Gerade in Hamburg passiert das zu wenig. Die Minderbegabten werden stärker berücksichtigt.

Finden Sie das falsch?

Es müßte sich die Waage halten. Die Hochbegabten dürfen nicht gesagt bekommen: zurück in die Reihe. Einige Mensaner trauen sich ja nicht einmal, ihren Bekannten zu erzählen, daß sie Mitglied sind.

Wieviel Arroganz steckt hinter der Idee eines Hochbegabten-Vereins?

Hinter der Idee sehe ich keine Arroganz. Sicher gibt es einige Mitglieder, die stolz drauf sind und damit hausieren gehen. Aber für die meisten ist Intelligenz eine der vielen Eigenschaften des Menschen – und nicht einmal die wichtigste.

Fragen:

Judith Weber