Last-Minute-Tickets für Flüchtlinge

■ Illegale Abschiebung türkischer Familie gerade noch verhindert

Es waren gerade Plätze im Flugzeug frei. Grund genug für die Hamburger Ausländerbehörde, am vergangenen Donnerstag die kurdische Familie Yakisir abzuschieben – trotz laufender Duldung. Nur per Zufall erfuhr ihr Rechtsanwalt Hartmut Jacobi von der illegalen „Nacht- und Nebelaktion“und konnte diese gerade noch stoppen. Eine halbe Stunde vor dem Start gab das Verwaltungsgericht seinem Eilantrag gegen die Abschiebung statt.

Frühmorgens alarmierte ein Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in der Steilshooper Allee die kirchliche Beratungsstelle „Fluchtpunkt“darüber, was er beobachtet hatte: daß die Eheleute Yakisir und ihre drei kleinen Kinder von der Polizei aus den Betten geholt und in den Transporter zum Flughafen verfrachtet worden waren. Der „Fluchtpunkt“informierte sofort Yakisirs Rechtsanwalt Jacobi. Der stellte den Eilantrag und verhinderte die Abschiebung in letzter Sekunde.

„Die kleinen Kinder haben nicht einmal etwas zu essen oder zu trinken bekommen“, empört sich Pastor Helmut Frenz, Flüchtlingsbeauftragter der Nordelbischen Kirche. „Als der Vater um Milch bat, sagte ihm die Polizei, die müsste er selber bezahlen.“Jacobi gegenüber dem Gericht: „Der Umgang mit der Familie spottet jeder Beschreibung.“

Die Ausländerbehörde hatte noch versucht, die Abschiebung kurzfristig zu legalisieren. Sie widerrief einfach die Duldung schriftlich. Am Freitag, einen Tag nach der geplanten Abschiebung, ging ein entsprechender Brief in der Unterkunft der Familie ein. Da hatte das Verwaltungsgericht aber bereits klargestellt: „Die Familie konnte darauf vertrauen, daß sie Deutschland nicht vor dem 2. Oktober verlassen muß.“

Daß die Flüge in die Türkei ausgelastet sind, scheint der Ausländerbehörde jedoch wichtiger zu sein als Vertrauensschutz: Auf den Einwand Jacobis, daß der Schutz der Duldung kaum davon abhängen könne, ob Plätze in Flugzeugen frei seien, habe die Ausländerbehörde geantwortet: „Das ist leider kein Einzelfall .“Elke Spanner