Das Portrait
: Moskaus neuer Mann für die Mir

■ Juri Baturin

Den Chefsessel des russischen Verteidigungsrates mußte Juri Baturin vor kurzem räumen. Dem nachdenklichen Kremlbürokraten war es im Laufe eines Jahres nicht gelungen, mit den Militärs eine gemeinsame Sprache zu finden. Überheblichkeit warfen die einfach gestrickten Generäle Jelzins Sonderemissär vor. Wieder einmal kamen die Militärs ums Abspecken herum und verschleppten den Beginn der überfälligen Armeereform.

Baturin strebt unterdessen nach Höherem. Im Sternenstädtchen in der Nähe der Hauptstadt trainiert er mehrmals wöchentlich, um sich für einen Ausflug ins All fit zu machen. Kondition und Gesundheitszustand erlaubten ihm schon nach wenigen Wochen, in die Zentrifuge zu klettern.

Zunächst wurden Gerüchte über die space oddity eines hochgestellten Hofbeamten für eine ausnahmsweise geschickt lancierte Kampagne nicht wohlgesonnener Militärs gehalten, die ihren Gegenspieler ohnehin am liebsten auf den Mond schössen. Allein, es stimmt. Am 6. August unterzeichnete Präsident Jelzin eine Direktive, die dem noch amtierenden Verteidigungschef eine Reise zur Orbitalstation Mir schon im Oktober in Aussicht stellt.

Der ursprüngliche Fahrplan wird wohl nicht eingehalten. Mittlerweile sickerte durch, Baturin werde an Bord der Sojus-28 im August 98 aufsteigen, sieben bis zehn Tage im All verweilen und mit der Sojus-27 zur Erde zurückkehren. Die Reise eines Politikers zur Raumstation soll das Gerede über den desolaten Zustand des ehemaligen Prestigeobjekts verstummen lassen.

Russische Raumfahrtexperten mutmaßen derweil, Baturins Kosmosmission finde aus Anlaß des 40jährigen Jubiläums des ersten beseelten Raumfluges statt. Damals hießen die Kosmonauten Belka und Strelka und waren zwei Hunde.

Hätte sich Jelzin durchsetzen können, wäre der Präsident selbst geflogen. Erst massive Einwände der alarmierten Ärzteschaft konnten den Kremlchef von seinem Vorhaben abbringen. Vor allem die Unlust des amerikanischen Herzchirurgen und Jelzin-Operateurs DeBakey, den Präsidenten zu begleiten, soll ihn bewogen haben, Baturin mit der außerirdischen Mission zu beauftragen. Ohnehin hat dieser zur Zeit nichts anderes zu tun. Klaus-Helge Donath