Schotten dicht in Bosnien

■ Die OSZE will morgen endlich die Resultate der dortigen Kommunalwahlen bekanntgeben

Split (taz) – Jetzt sind schon mehr zwei Wochen seit den Kommunalwahlen in Bosnien-Herzegowina verstrichen. Von den offiziellen Wahlergebnissen ist noch nichts bekannt. Und das muß verwundern, hatte es doch geheißen, die Wahlen seien sehr gut organisiert gewesen und fair verlaufen. Am Mittwoch soll es endlich soweit sein. Dann will die OSZE das Geheimnis lüften.

Als Begründung für die Verzögerung wird von OSZE-Sprecher David Foley angegeben, vor Bekanntgabe der Wahlergebnisse sollten alle Einsprüche in bezug auf die Resultate geprüft werden. Die Ergebnisse sollten nicht wie bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Vorjahr durch die Presse zerpflückt werden können. Damals ist den Medien nämlich gelungen nachzuweisen, daß in der Republika Srpska und auf dem Gebiet der kroatisch-muslimischen Föderation manipuliert und gefälscht wurde, um günstige Wahlergebnisse herauszuschlagen.

Nicht zuletzt der damalige Journalist David Foley war es, der den OSZE-Offiziellen die Schamesröte ins Gesicht trieb. Mit scharfen Fragen brachte er seinen heutigen Chef, Robert Frowick, ein ums andere Mal in Verlegenheit. So stellt sich der Umstand, daß Foley heute Pressprecher der OSZE ist, als brillanter Schachzug dar. Denn er weiß, wie Fehlerquellen in der Öffentlichkeitarbeit auszuschalten sind.

Und so werden die Schotten dichtgehalten. Und wieder einmal beschönigt. Die Auszählung der Stimmen ging nämlich sehr schleppend voran, wie man sich im Auszählungszentrum von Sarajevo überzeugen konnte. Und daß die zu erwartenden Einsprüche in Brčko, Srebrenica, Glamoc-Grahovo und Mostar und die Diskussionen darüber nicht veröffentlicht werden, läßt Vermutungen zu, daß im Hintergrund doch noch einige politische Entscheidungen fielen.

OSZE-Chef Robert Frowick ist schon einmal von der korrekten Linie abgewichen. Die Entscheidung der OSZE-Vertretung in der Serbenhochburg Pale, angesichts der verbotenen Wahlplakate mit dem Konterfei Radovan Karadžićs dessen Partei vor Ort, die SDS, von den Wahlen auszuschließen, wurde von ihm „aus politischen Gründen“ rückgängig gemacht. Das hat einige seiner Untergebenen zum Rücktritt gezwungen.

Im Falle von Grahovo und Glamoc fürchten die von Kroaten vertriebenen serbischen Einwohner, daß ihre Stimmenmehrheit nicht akzeptiert wird, weil weder die Kroaten noch die serbischen Nationalisten wollen, daß diese Städte wieder serbische Mehrheiten erhalten. Der serbische Vertreter im bosnischen Staatspräsidium, Momčilo Krajišnik, forderte die serbischen Flüchtlinge öffentlich auf, nicht in ihrem Heimatort zu wählen. Er fürchtet offenbar, daß die Rückkehr von Serben in die muslimisch-kroatische Föderation die Rückkehr von Muslimen und Kroaten in die Repubilika Srpska beflügeln könnte. Erich Rathfelder