Der Autoriese Kia schlingert bedrohlich

Der mit rund 16 Milliarden Franken verschuldete südkoreanische Konzern muß binnen einer Woche ein Sanierungskonzept vorlegen. Die Konkurrenten hoffen auf den schnellen Verkauf der Firmenteile  ■ Von André Kunz

Tokio (taz) – Es kracht im Gebälk des drittgrößten südkoreanischen Fahrzeugherstellers Kia. Sagenhafte 19 Milliarden Mark Schulden hat der Konzern in den letzten Jahren mit einer überhasteten Expansion angehäuft. Die Kredite fordern die Gläubiger, allen voran die selbst angeschlagenen Banken, jetzt zurück. Das Geld kriegen sie nur einigermaßen schnell, wenn der Konzern unter einer gerichtlichen Zwangsverwaltung steht und danach aufgestückelt an die Konkurrenten verkauft wird. Massenentlassungen wären die Folge, und das wollen die 22.000 Arbeitnehmer nicht hinnehmen. Sie fordern einen Rettungsplan, der mit der Regierung zusammen erstellt werden soll. Mit einem befristeten Streik von 48 Stunden haben sie am Montag dieser Forderung Nachdruck verliehen.

Doch wie soll ein derart überschuldeter Riese saniert werden? Darüber raufen sich Gläubigerbanken und Konzernführung seit Monaten die Haare. Mit einer klaren Auflage von den Gläubigern verbunden, erhielt Kia Mitte Juli einen Überbrückungskredit von rund 350 Millionen Mark: Der Firmenvorsteher Kim Sun Hong und ein Teil des Managements müssen zurücktreten. Für den Patriarchen Kim, der das Familienkonglomerat (Chaebol) seit bald zwanzig Jahren führt, war das zuviel. Er blieb, dafür würden über 80 leitende Direktoren geschaßt. Ein überzeugendes Sanierungskonzept für den Konzern konnte die Leitung indes nicht vorweisen.

Vergangene Woche dann begaben sich 13 Zweigfirmen der Kia- Gruppe, darunter auch das Flaggschiff Kia-Motors, unter gerichtlichen Gläubigerschutz. Damit könnte die Gruppe die Rückzahlung der Schulden über mehrere Jahre verschieben und den drohenden Konkurs verhindern. Das würde die durch eine Reihe von Kokursen in die Bedrouille geratenen Banken weiter belasten. Allein in diesem Jahr rechnen die Banken mit rund 40 Billionen Won (etwa 75 Milliarden Mark) an faulen Krediten aus Konkursen.

Außerdem wissen die Gläubiger, daß in der Branche das Interesse an Kia groß ist. Hyundai und Daewoo, die führenden zwei Autokonzerne, haben bereits angekündigt, daß sie die Stahl- und Nutzfahrzeugwerke der Gruppe übernehmen würden. Samsung möchte den Autobereich in sein Konglomerat integrieren, um damit den bereits für kommendes Frühjahr vorbereiteten Einstieg in die Fahrzeugherstellung zu beschleunigen.

Bereits früher sagten Experten voraus, daß die frische Konkurrenz von Samsung zu neuen Allianzen in der südkoreanischen Autoindustrie führen könnte. Kia besitzt weder die Ressourcen von Hyundai noch die konsequente Auslandsexpansion von Daewoo. Seit vergangener Woche sind auch im viertgrößten Autokonzern Ssangyong, der mit Daimler-Benz liiert ist, akute Finanzprobleme aufgetaucht. So steht bereits der nächste Übernahmekandidat an.