■ Querspalte
: Gute Deutsche

Falls Sie gestern nicht mit dem falschen Bein aufgestanden sind und Ihnen keine schwarze Katze über den Weg gelaufen ist, hat Ihre Woche gut begonnen.

Warum auch nicht? Daß dies die „Woche der ausländischen Mitbürger“ ist, sollte Sie nicht stören – unabhängig davon, ob Sie Deutscher sind oder zu jenen Menschen gehören, die in Deutschland mit der unlogischen, aber recht niedlichen Bezeichnung „ausländische Mitbürger“ versehen werden.

Haben Sie's überhaupt gewußt? Geben Sie's zu, Sie haben beim Frühstück genausowenig darüber nachgedacht, wie Sie am „Welternährungstag“, dem „Tag des Baumes“, „Weltkindertag“, „Tag des Fahrrads“ oder „Weltspartag“ gedankenlos und verträumt frühstücken. Ich gestehe: Hätte es mir der Redakteur nicht erzählt und den Vorschlag gemacht, etwas darüber zu schreiben, auch ich hätte es nicht gewußt.

Keine falschen Schuldgefühle also. Schließlich gibt die „Woche der ausländischen Mitbürger“ nicht einmal einen arbeitsfreien Tag her. Doch den Bürgern von Brandenburg, immerhin, verschafft sie den Geschmack von Gyros, Kebab, Raki und Sliwowitz. Den kannten sie zwar schon vorher, aber für ein paar Tage gibt es ihn konzentriert: bei Festen zu „Aspekten des Zusammenlebens mit Ausländern“. Ganze 170 wird es davon im Land Brandenburg in den nächsten Tagen geben. Auch afrikanische Bands werden ihren Auftritt bekommen und vielleicht einige Skins zum rhythmischen Wippen bewegen. Auf schöne Reden darf man sich freuen. Nicht nur in Brandenburg.

Was die Morgengaben der Politiker zur „Woche der ausländischen Mitbürger“ angeht, lagen diese rechtzeitig auf dem Tisch: So ließ vorgestern Norbert Blüm verlautbaren, daß er ein totales Arbeitsverbot für Asylbewerber durchsetzen wolle. Und der Berliner Senat ließ seine Absicht bekanntgeben, ein lückenloses Bezugsscheinsystem – also Entzug von Bargeldzuwendungen – für Asylbewerber einführen zu wollen. Da sage noch einer, unsere Politiker seien handlungsunfähig.

Bleibt die Frage, wer eigentlich dieser „ausländische Mit- Bürger“ ist, dem diese Woche gilt? Er ist schlicht Produkt deutscher Fürsorglichkeit und darin Zwillingskind des „jüdischen Mit-Bürgers“. Die Bezeichnung sagt etwas aus über den geistigen Standort der Erfinder: den Fremden mögen sie im Zustand der Obhut. Er darf für immer als Projektionsfläche des deutschen Gutseins dienen. Kein Bürger also, sondern der Mit-Bürger, der für immer ausländische.

Sollte ich demnächst dazu aufgefordert werden, einen Beitrag zum „Monat des außerirdischen Mit-Erdlings“ zu schreiben, ich werde nicht mit der Wimper zucken. Ich werde ihn schreiben. Richard Szklorz