■ Nachschlag
: Krieg der Geschlechter: englische „Lovebites“ im STÜKKE Theater

Die weit aufgerissene Vulva begegnet dem Besucher nicht nur in Form einer urzeitlichen Steinplastik auf dem Theaterplakat. Jeder, der den Zuschauerraum betritt, schlüpft durch eine Gummiöffnung hinein, als ginge es um eine zweite Geburt. Und auf dem weißen Stoffhalbrund der Bühne werden neben Dias aus den Rotlichtbezirken dieser Welt auch jede Menge kunstvolle Darstellungen von Vaginen geboten. Unverkennbar handelt das Zweipersonenstück des britischen GOG Theatre, das als deutsche Erstaufführung in englischer Sprache präsentiert wird, von weiblicher Sexualität.

Sie hat genug von ihrem Dasein als Hausfrau und Mutter. „I'm on fire for life, sex and knowledge.“ Er, der ein braves, treues und pflegeleichtes Frauchen gewohnt ist, kann mit derlei Gefühlsausbrüchen nichts anfangen. Was als Ehe-Konversationskomödie mit dramatischem Einschlag beginnt, verläßt jedoch bald den realistischen Boden. Vom Tisch herunter sinkt das Paar in offensichtlich archaische Welten und in den praktischen Teil des „gender war“. Ein Besuch im Bordell endet im blutigen Exzeß, und sie verwandelt sich in eine Art Urmutter mit lehmbeschmiertem nacktem Leib.

Die Deutsche Inga Kammerer und der Brite Tom Clark (der zusammen mit Simon Persighetti Autor dieses Stückes ist) kämpfen diese Schlacht mit allen darstellerischen Mitteln. Regisseurin Gabi Sabo läßt sie für kurze Momente aus ihrer Rolle heraustreten. Das Licht flackert, und elektronisch verfremdete Stimmen und Minimal- Music-Sound sollen die befremdliche Stimmung und das Modellhafte dieser Auseinandersetzung, stellvertretend für die Geschlechtsgenossinnen und -genossen im ausgehenden 20. Jahrhundert, stützen. Aber die gesamte Anstrengung, mit durchaus respektablen visuellen wie darstellerischen Mitteln, vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, daß sich das Autorenduo Persighetti/Clark mit den gestellten großen Fragen ziemlich überfordert hat.

Zwischen pointierten und perfiden postfeministischen Dialogen wabert sich das Stück mit sprachlich allzu bedeutungswilligen und literarisch überhöhten Phrasen so durch. Da hilft es auch nicht, daß das bemooste und efeuumrankte Mobiliar auf der Bühne wirklich schön anzuschauen ist. Axel Schock

Bis 13.10., Do–Mo, jeweils 20.30 Uhr im STÜKKE, Hasenheide 54