■ Serbien: Zoran Djindjić ist als Belgrader Bürgermeister gestürzt
: Das Ende der Opposition

Eine unheilige Allianz der Serbischen Erneuerungsbewegung (SPO), der Sozialisten und Radikalen im Stadtparlament Belgrads hat den Präsidenten der Demokratischen Partei und Bürgermeister Zoran Djindjić gestürzt. Dadurch hat sich der Sieg der Bürger der Hauptstadt über den Wahlbetrug im vergangenen Herbst endgültig als Illusion erwiesen.

Koalitionen sind normale, logische Erscheinungen in einer Demokratie – aber in Serbien hat man noch nicht gelernt, daß sie einer politischen Logik folgen und kein Ausdruck persönlicher Eifersüchte oder Racheakte sein dürfen. Zwar hat sich Vuk Drašković persönlich nicht zu den Vorgängen in Belgrad geäußert, aber wer die Struktur seiner Partei SPO kennt, weiß, daß seine Statthalter ohne seinen Wunsch so nie hätten vorgehen können. Drašković wollte es nicht hinnehmen, daß er als Präsidentenkandidat gescheitert ist, sein früherer Verbündeter Djindjić aber in einem wichtigen Amt bleibt.

Natürlich geht es nicht nur um Belgrad. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird auch aus der Stichwahl am 5. Oktober kein neuer Präsident Serbiens hervorgehen. Danach beginnt die ganze Prozedur von vorne. Dies wird mindestens zwei Monate lang dauern. So lange bleibt alle Macht im Parlament, denn es muß nicht nur eine neue Regierung wählen, sondern sein Präsident nimmt interimistisch auch die Funktion des Präsidenten Serbiens wahr.

Im Parlament Serbiens haben die Sozialisten 110, die Radikalen 82, die SPO 45 Mandate. Drašković wagt es nicht, gemeinsam mit dem extremen Nationalisten Šešelj die bisher herrschende Linksregierung abzulösen, möchte aber möglichst viel vom eigenen Programm in einer gemeinsamen Konzentrationsregierung mit den Sozialisten durchsetzen. Gleichzeitig hat das Belgrader Stadtparlament den unabhängigen Rundfunksender StudioB unter die Kontrolle von SPO und Sozialisten gestellt – ein Schlag gegen die Forderung der Opposition nach unabhängigen Medien. Eine ähnliche Entwicklung wie in Belgrad wird auch in anderen Städten, wo die Koalition Zajedno gesiegt hat, so in Nisch und Novi Sad, erwartet. Das ist das Ende einer erfolgversprechenden bürgerlichen Opposition in Serbien.

Im letzten Winter war Drašković, noch Arm in Arm mit Djindjić, an der Spitze von Hunderttausenden marschiert. Heute fragt sich, ob sich dies alles in der Eitelkeit der Protagonisten aufgelöst hat. Mag also sein, daß es im Moment so aussieht, als wäre nichts von der Aufbruchstimmung des letzten Winters übriggeblieben. Der Wunsch nach mehr Demokratie freilich wird bleiben. Andrej Ivanji